Liebenzeller Mission

1900 kamen die ersten „Fräulein“ zur Liebenzeller Mission; bald nannte man sie „Schwestern“. Am Anfang wurden nur Frauen aufgenommen, die für den Einsatz in China und später in der Südsee vorgesehen waren. 1903 sandte das Missionswerk drei Schwestern nach China in die medizinisch-missionarische Arbeit aus. Bald kümmerten sie sich auch um blinde Mädchen, die von ihren Familien ausgesetzt wurden. 1908 gründeten die Liebenzeller Schwestern die erste Blindenschule in Changsha. Dort arbeiteten sie segensreich, bis sie 1952 wie alle anderen ausländischen Missionare nach der Machtübernahme der Kommunisten das Land verlassen mussten. Als die chinesischen Behörden 2008 das 100-jährige Bestehen der Blindenschule feierten, luden sie die damalige Oberin, Schwester Erika Leimenstoll, ein. Zu ihrem großen Erstaunen wurde zu Ehren der Gründerinnen sogar ein christliches Anbetungslied gesungen. 1907 reisten zwei Liebenzeller Schwestern nach Mikronesien aus. Ab 1913 waren Schwestern vermehrt in der Gemeinschaftsarbeit in Deutschland tätig. Im und nach dem Ersten Weltkrieg ordinierte und sandte Heinrich Coerper Schwestern in die neu gegründeten Gemeinschaften, in denen sie die Verkündigung und Leitung übernahmen. Das machte die Liebenzeller Mission sehr attraktiv für junge Frauen, die sich in dem Missionswerk ihren Gaben gemäß entfalten konnten. So ersetzten die Frauen im Ersten Weltkrieg viele „Gemeinschaftspfleger“ (Prediger), die als Soldaten eingezogen wurden. Allerdings kann man nur bedingt von einer „Schwesternschaft“ in diesen Anfangsjahren sprechen; es gab keine besonderen Regeln, kein Zölibats- oder Diakonissengelöbnis. Die meisten der Frauen gingen nach der Ausbildung sofort weiter in den Missionsdienst. Viele Schwestern arbeiteten in Deutschland auch in Krankenhäusern, unter anderem in Calw, Duisburg, Essen, Hagen, Heilbronn und Tuttlingen. Da viele Schwestern als Single-Frauen immer wieder belästigt wurden, baten sie um eine Tracht. Diese wurde zum Pfingstfest 1922 eingeführt. Heute ist es den Schwestern freigestellt, ob sie diese tragen. Um die Schwestern während des Zweiten Weltkrieges davor zu bewahren, in Rüstungsbetrieben arbeiten zu müssen, sandte die Liebenzeller Mission Schwestern zum Dienst in Krankenhäuser. Zwei Schwestern wurden während ihres Dienstes getötet: 1943 wurde die auf Manus/­ Papua-Neuguinea arbeitende ungarische Schwester Maria Molnàr zusammen mit den Missionarsfamilien Maria und Friedrich Doepke und Leni und Julius Gareis von den Japanern auf einem Kriegsschiff ermordet. 1991 starb die 35-jährige Schwester Gunhild Rott bei einem Raubüberfall in Sambia. Während man bis in die 80er-Jahre über 300 Schwestern zählte, sind es Anfang 2024 noch 80. Die 15 berufstätigen Schwestern sind eingesetzt in der Gemeinde- und Gemeinschaftsarbeit in Deutschland, Japan und Russland, in einer Schule sowie in der Verwaltung, Hauswirtschaft und Alten- und Krankenpflege auf dem Missionsberg. Auch im Ruhestand setzen sich die Schwestern noch nach Kräften für die Mission ein, zum Beispiel durch intensiven und vielfältigen Gebetsdienst. Claudius Schillinger STARKE FRAUEN HINTERLASSEN TIEFE SEGENSSPUREN „Herzkammer der Liebenzeller Mission“; „Das Beste an der Liebenzeller Mission“ – an wertschätzenden, liebevollen Bezeichnungen für die Liebenzeller Schwestern fehlt es nicht. Schwester Charlotte Hoff unterwegs mit dem Pferd Die Liebenzeller Schwesternschaft 2010 10 Zum ersten Mal „Kimife“ O Am Mittwoch vor Pfingsten gibt es zum ersten Mal ein Kindermissionsfest (Kimife) in Bad Liebenzell. LGV-Gründung O Der „Liebenzeller Gemeinschaftsverband“ (LGV) wird gegründet. Bis heute sind Gemeinschaftsverband und Mission eng verbunden. Erster Gemeinschaftsinspektor wird Wilhelm Heinsen (1879–1959). Wechsel in der Leitung O Pfarrer Ernst Buddeberg (1873–1946) übernimmt die Leitung der Liebenzeller Mission, nachdem Heinrich Coerper durch einen Schlaganfall arbeitsunfähig wurde. 1933 1934 1933

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzg4OTA=