Liebenzeller Mission

EIN ELFJÄHRIGES GEBET MIT WELTWEITEN AUSWIRKUNGEN BIS HEUTE 24. Juni 1891: Eine Diakonisse aus Stuttgart zieht in eine wunderschöne Villa in Bad Liebenzell ein. Von der „Schlayerburg“, die Mathilde von Schlayer von 1886 bis 1888 erbauen ließ, blickt LINA STAHL von ihrem Schlafzimmerfenster zur riesigen Streuobstwiese auf einem kleinen Berghang. Die Erbauerin hatte die Stuttgarter Diakonissenanstalt gebeten, die Villa als Erholungsheim für die Stuttgarter Schwestern zu übernehmen, weil sie die Baukosten nicht begleichen kann. Nun betet die am 12. Februar 1842 als Pfarrerstochter in Wippingen auf der Schwäbischen Alb geborene Diakonisse, dass der vor ihr liegende „Klosterbuckel“ zu einem „Feuer speienden Berg“ wird: Von hier soll das Feuer des Evangeliums in alle Welt verbreitet werden. Der „Herr“ habe ihr für dieses Gebet persönlich den „Auftrag“ geben: „Ich habe vom Herrn die Gewissheit, dass dieser ganze Berg eines Tages zu einem besonderen Werk dem Herrn gehört.“ Doch jahrelang tut sich nichts – bis 1896 in Steinwurfnähe ein großes Gebäude errichtet wird: Es soll eine Silberwarenfabrik auf dem Berghügel entstehen. Die Fundamente für einen großen Schornstein werden ausgehoben. „Jetzt kommt der Feuer speiende Berg!“, spotten ihre Mitschwestern. „Nein, Nein“, meint Schwester Lina. „Mir geht es um das Feuer des Heiligen Geistes.“ Doch dann geschieht ein Jahr nach Baubeginn eine große Überraschung: Der zuständige Oberamtsbaumeister stoppt den Bau: In Liebenzell darf keine Fabrik entstehen, denn sonst scheitern die Pläne des aufstrebenden Städtchens, Kurort zu werden. Wer den Baustopp veranlasst, lässt sich nicht mehr ermitteln. Wahrscheinlich drängt der neue Bürgermeister Hugo Mäulen (1868–1955) darauf, der 1897 in das Amt gewählt wird. Robert Vollmöller (1849–1911), ein Textilfabrikant aus Stuttgart-Vaihingen, übernimmt den angefangenen Bau und lässt das Gebäude zu einer herrschaftlichen Landvilla ausbauen. Der Vater von vier Kindern ist kurz zuvor Witwer geworden und hofft, dass sein kranker achtjähriger Sohn Hans durch die Schwarzwaldluft Linderung erfährt. Und in der Tat: Der künftige Kurort macht seinem Namen Ehre, Hans gesundet – und der Fabrikant vermietet daraufhin die Villa, an der er nun kein Interesse mehr hat. Das alles verfolgt Lina Stahl aufmerksam. Und dann erfährt sie, dass Heinrich Coerper, den sie aus seiner Zeit als Vorsteher der Straßburger Diakonissen kennt, im Dezember 1901 dringend auf der Suche nach einem neuen Sitz für seinen am 13. November 1899 in Hamburg gegründeten deutschen Zweig der China-Inland-Mission ist. Sein angemietetes Haus im aufstrebenden Hamburger Stadtteil Uhlenhorst muss einer Durchgangsstraße weichen. Heinrich Coerper schaut sich daraufhin Objekte in ganz Deutschland an. Und da schaltet sich Lina Stahl ein: Direkt vor ihrer Tür sei ein geeignetes Objekt zur Vermie- tung frei geworden. Heinrich Coerper zögert: Warum sollte er aus der Weltstadt Hamburg mit über 700.000 Einwohnern in einen Schwarzwaldort mit damals rund 3.000 Bürgern ziehen? Und die Miete ist dreimal so hoch wie in Hamburg – für ein spendenfinanziertes Werk den Unterstützern nicht vermittelbar. Doch Lina Stahl bleibt hartnäckig: Sie lädt Heinrich Coerpers Frau Ruth (1875–1952) zu einer Besichtigung ein. Doch auch sie zögert angesichts der hohen Miete. „Wenn der Herr ebbes schenkt, ischs immer ebbes Rechts!“ („Wenn der Herr etwas schenkt, ist es immer etwas Gutes!“) – mit diesem geistlichen „Machtwort“ beendet Lina Stahl die Diskussion. Sie bittet die gemeinsame und sehr vermögende Freundin Hilda von Diest (1863-1946), den Großteil der Miete zu übernehmen. Auch Lina Stahl steuert einen Teil zur Miete bei – und so kann Heinrich Coerper am 5. April 1902 mit seiner Familie und zwölf „Missionszöglingen“ nach Bad Liebenzell in die Villa Lioba einziehen. Elf Jahre nach ihren Gebeten erlebt Lina Stahl die Gebetserhörung (bei der sie tatkräftig mithilft). Sie gehört auch dem ersten Komitee an und sorgt dafür, dass ihre Freundin Hilda von Diest 1905 die Villa erwirbt und der Liebenzeller Mission vermacht, nachdem das Haus verkauft werden soll. Am 17. November 1924 stirbt sie mit 82 Jahren in der „Pilgerhütte“ auf dem Missionsberg, die ihr Hilda von Diest als Altersruhesitz gekauft hatte. Ohne die Hartnäckigkeit dieser Diakonisse wäre die Liebenzeller Mission wohl nie nach Bad Liebenzell gekommen. Sie ist bis heute ein großes Vorbild dafür, was lang anhaltendes Gebet bewirken kann! Claudius Schillinger 9 Erster Jugendtag O Erstmals findet am Sonntag vor Pfingsten ein Jugendtag mit 2.000 Jugendlichen statt, um das sehr stark besuchte Pfingstmissionsfest zu entlasten. Mission – jetzt auch in Japan O Die Liebenzeller Mission beginnt ihre Arbeit im Land der aufgehenden Sonne. Im Einsatz für die Kranken O Das „Hudson-Taylor-Hospital“ wird in Changsha eröffnet. Viele Liebenzeller Missionare engagieren sich dort. 1925 1927 1927

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