MISSION weltweit – Ausgaben 2015
Mission weltweit 7–8/2015 19 MiTTLERER osTEn dARuM GEHT’s Fragen an Samia Kessai, geboren in Tunesien, arbeitet in einem Fernsehstudio in Algerien Samia, was hat sich seit 2011 in tunesien getan? Die Revolution in der arabischen Welt begann, als sich jemand in Tunesien anzündete und ver- brannte. Seither hat sich manches zum Schlech- ten verändert. Die Menschen suchten Freiheit, doch sie leben in Unsicherheit. Die Bevölkerung Tunesiens ist religiös. Sie glauben an Allah, sind aber nicht radikal. Doch seit der Revolution fra- gen die Menschen nach ihren religiösen Pflich- ten und gleichzeitig nach Freiheit. Frauen legen ihren Schleier an. Das war vorher verboten. Was hat sich für die christlichen Gemeinden geändert? Die Revolution hat Sicherheit für die Kirche ge- bracht. Jetzt wird mehr kontrolliert im Land. Das ist gut für die Gläubigen. Jetzt gibt es mehr Redefreiheit. Früher wurden viele Christen ein- gesperrt. Das ist anders geworden. Die Kirchen haben das Recht, sich als Vereinigung zu orga- nisieren. Es gibt sogar eine offizielle christliche Schule – die einzige in Nordafrika! Ja, die Revo- lution war gut für die Gemeinden. Frage an Farid Samir, geboren in Ägypten, leitet das dortige Studio von SAT-7 Farid, wie ist die Situation nach den Unruhen in Ägypten? Die Gemeinde Jesu war bis 2010 hinter Mauern. Ängstlich. Redete nicht mit den Leuten. Inzwi- schen änderte sich die Gesellschaft. Menschen äußern sich wieder frei. Sie sind enttäuscht von der Religion, die sie umgibt, von religiösen Füh- rern, von der Regierung und zum Teil auch von Allah. Menschen haben begonnen, nach dem Sinn des Lebens zu suchen. Wenn es nicht die Politik ist, könnte es Religion sein? Menschen interessieren sich, was der christliche Glaube zu sagen hat und schalten SAT-7 ein. Sie wundern sich über die Vergebung der Christen, als 2013 mehr als 100 Kirchen, Häuser von Christen und christliche Einrichtungen angegriffen und viele davon niedergebrannt wurden. Etwa 1000 Men- schen starben bei diesen Angriffen. Gott nutzt es für etwas Gutes. Die Anerkennung der Christen ist gewachsen, weil sie vergeben haben und sich um Ägypten kümmern. Papst Tawadros II. sagte zu Muslimen, die Kirchen schützen wollten: „Beschützt nicht die Gebäu- de. Sie können wieder aufgebaut werden. Aber wir können euch nicht ersetzen, wenn euch et- was passiert.“ Diese Geste ist von allen Ägyp- tern honoriert worden. Christen praktizieren ih- ren Glauben durch Vergebung und Versöhnung! Fragen an Naji Daoud, geboren im Libanon, leitet das dortige Studio von SAT-7 Naji, was hat sich seit 2011 im Libanon verändert? Die größten Veränderungen kamen durch den Flüchtlingsstrom aus Syrien. Zurzeit sind die Hälfte der Bewohner des Libanon Einwanderer und Flüchtlinge. Das muss man sich mal vorstellen! Und wie reagieren die Regierung und die Bevölkerung darauf? Die Regierung versucht, die Sache in den Griff zu bekommen. Aber so viele Leute beanspru- chen natürlich viele Ressourcen im Land wie Trinkwasser und Treibstoff. Ein Teil der Bevöl- kerung unterstützt die syrischen Flüchtlinge. Andere sind nicht glücklich mit der Situation. Flüchtlinge brauchen Arbeit und arbeiten für wenig Geld. Das kostet Arbeitsplätze, vor allem die der jungen Libanesen. Die Kirche reagiert auf wunderbare Weise. Die Flüchtlinge sind im ganzen Land verstreut. Des- halb ist praktisch jede Gemeinde von Flücht- lingen umgeben. Sie geben ihnen Essenspakete und helfen, wo es geht. Meine Gemeinde ge- staltet einmal im Monat eine Veranstaltung für Flüchtlinge. Da kommen etwa 300 Personen. Wir geben Zeugnis über unseren Glauben und zeigen ihnen den Jesus-Film. Sie haben so etwas noch nie erlebt. Viele kommen regelmäßig zur Gemeinde, weil sie angesprochen sind. Wie reagiert SAt-7 auf diese Veränderungen? Wir haben viele Beratungssendungen, zum Bei- spiel für Eltern. Sie lernen, wie sie ihren trau- matisierten Kindern helfen können. Seit März 2015 strahlen wir ein tägliches Schulprogramm für Kinder in Flüchtlingslagern aus. Darin wird Mathematik, Arabisch und Englisch unterrich- tet. Nach der ersten Sendung riefen uns Eltern und Kinder an und bedankten sich für die Sen- dung. Wir bekommen bewegende Rückmeldun- gen von unseren Zuschauern. Paulus Hieber ● SAt-7 unterstützt kirchen und Gemeinden im Mittleren osten und nordafrika durch christliche fernsehsendun- gen. diese erklären Gottes Wort in klarer, kulturell angemessener Weise. 1995 gründeten Gemeindeleiter unterschiedlicher kirchen den fernsehsender. Heute betreibt sAT-7 fünf 24-stun- den-kanäle in den sprachen Arabisch, persisch und Türkisch. Jeden Tag sehen Millionen von Menschen sAT-7. Arabischer Frühling bezeichnet proteste und unruhen in der arabischen Welt, die Ende dezember 2010 in Tunesien begannen und sich rasch in vielen arabischen Ländern ver- breiteten. die bevölkerung stürzte mehrere Machthaber. Hunderttausende wurden ermordet oder im krieg getö- tet, Millionen von Menschen sind vertrieben. Ägyptischer Christ beim Gebet. Dass viele Christen in der arabischen Welt trotz Übergriffen Vergebung und Versöhnung praktizieren, lässt viele Muslime aufhorchen. Fotos: sat-7, paulus hieBer
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