MISSION weltweit – Ausgaben 2015

15 miSSion weltweit 1–2/2015 interkULtUreLLe teAmS DeUtScHLAnD DArUm GeHt’S deutsch „Ich schwör”, wird häufig gebraucht, um eine Aussage zu beteuern. Dabei steigt nicht unbedingt der Wahrheitsgehalt der Worte. Vertrauen – ein rares Gut Auf diesem kulturellen Hintergrund wird deut­ lich, warum Selma unserer türkischen Besuche- rin Songül nichts glauben wollte. Wie soll man auch einem anderen Menschen vertrauen kön­ nen, wenn mit einem religiösen Freibrief unter vielen Umständen gelogen werden darf? Einmal ganz zu schweigen von tatsächlichem Fehlver­ halten. Lüge ist erlaubt bei drohendem finanziellen Verlust – das liefert der Autowerkstatt einen Grund für eine Unwahrheit. Lüge ist erlaubt ge- genüber der Ehefrau – „Mann” darf ja falsche Versprechungen machen. Im Arbeitsleben, bei Geschäften, in der Familie, bei Freunden: Man muss immer damit rechnen, dass man belogen oder betrogen wird. Es gibt sogar ein speziel­ les Wort für das Betrogenwerden von seinem Freund. Songül hat uns erklärt, dass Lüge und Betrug so sehr zum täglichen Leben gehören, dass stän­ diges Misstrauen nicht einmal mehr anstrengt oder negativ wahrgenommen wird. Auch unter unseren Freunden hier vor Ort merken wir, wie das gegenseitige Vertrauen zerfressen wird von Lügen, Gerede und Unversöhnlichkeit. „Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Al­ les, was darüber hinausgeht, stammt vom Bö­ sen”, sagt Jesus (Matthäus 5,37). So versuchen wir, nach Gottes Wort zu leben und in jeder Si- tuation vertrauenswürdig und ehrlich zu sein. Im Alltag vertrauenswürdig leben „Euch glaube ich alles, was ihr sagt.” Der zwei­ te Satz Selmas zeigt, dass sie uns vertraut. Das ist eine schöne Frucht, die Gott geschenkt hat. Eigentlich ist das schon ein großer Schritt, viel- leicht einer der wichtigsten, der für unseren Dienst nötig ist: dass Menschen Vertrauen fas­ sen. Dann kann man auch von Jesus reden oder über religiöse Dinge diskutieren. Wir haben Selma bei manchen Gesprächen ins Nachden- ken gebracht. Das geht aber nur, weil sie darauf vertraut, dass wir die Wahrheit sagen. Auch Ihr türkischer Arbeitskollege oder Nach­ bar braucht ein besonderes Maß an Vertrauen. Wir brauchen dazu eigentlich nichts Besonde­ res zu tun. Im alltäglichen Leben zeigt sich, ob wir vertrauenswürdig sind: Durch unser Ja oder Nein. Durch das, was und wie wir über andere Menschen reden – oder eben auch nicht. Durch Ehrlichkeit, auch wenn es uns zum Nachteil wird. Vertrauen braucht Zeit zum Wachsen. Eine Frucht ist, dass man ernst genommen wird. Selbst wenn man von Jesus spricht und Dinge sagt, an die der andere nicht glaubt. Michael l Michael und Tamara, zwei kinder. michael ist elektro­ installateur und absolvierte die Ausbildung am theologi­ schen Seminar der Lieben­ zeller mission. tamara ist krankenschwester. Beide waren zwei Jahre zum kulturund Sprachstudium in der türkei, seither interkultu­ relle Arbeit in Deutschland. Hadithe sind eine Überlie­ ferung der reden und des Handelns von mohammed. Hadith kommt aus dem Arabischen und bedeutet erzählung oder Bericht. Quellen für das islamische Verständnis von Lüge sind zum Beispiel Sure Annahl 16:106, Sure tahrîm 66:2, Sahih alBukhari 5:59:396, Sahih alBukhari 2546 und Sahih almuslim 32:6303. in der Hadith muslim 32:6303 heißt es: „ Humaid b.Abu al-Rahman b.'Auf berichtete, dass seine mutter Umm Kulthum ... sagte: ,Derjenige, welcher Zwistigkeiten unter menschen schlichtet, indem er Gutes sagt oder tut, um einer Auseinandersetzung auszuweichen, ist kein Lügner. ibn Shihab sagte, er habe ge­ hört, dass in drei Fällen aus­ nahmsweise gelogen werden dürfe: während eines krieges, um Versöhnung zwischen menschen zu stiften und in der konversation zwischen ehemann und ehefrau, in wel­ cher worte verdreht werden können, um Streitigkeiten aus dem weg zu gehen.’” „Sırrını verme dostuna, dostun verir dostuna.” „gib dein geheimnis nicht deinem besten Freund preis, denn er gibt es seinem besten Freund weiter.” tÜrkiScHeS SpricHwort Mithelfen: SPEndEncodE 1060-32 interkulturelle Teams

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