MISSION weltweit – Ausgaben 2015
18 darum geht’s bangladesch Auch ich achte beim Betreten eines Gebäudes auf die bauliche Substanz und schaue mit Be denken auf marode Träger. Bis heute wird über den Zustand von Fabrikgebäuden gesprochen, manche Gebäude wurden „ausgemustert”. Im Blick auf bessere Arbeitsbedingungen und Si cherheit wird inzwischen mehr getan. Viele Menschen leiden immer noch an den Folgen des Unglücks, erst recht, wenn sie bis heute auf die versprochene Hilfe warten. Viele Bangladescher kommen bei Auseinan dersetzungen zwischen politischen Parteien zu Schaden, wenn sie in öffentlichen Verkehrsmit teln fahren und Brandbomben hineingeworfen werden. Die Erlebnisse sitzen in den Knochen und plötzlich wird das Betreten eines Busses zur Herausforderung. An das, was ihnen vor den nächsten Wahlen wieder bevorsteht, wagen sie gar nicht zu denken. Auch ich musste Mut fas sen, wenn ich in Wahlkampfzeiten zu Diensten unterwegs war. Ich musste meinen Verstand gebrauchen und umsichtig sein – und Gott ver trauen, dass ich gut ans Ziel komme. Ende Januar 2013 hatten Regine und ich auf der Rückfahrt von Savar nach Khulna einen Autounfall. Ich wich einem auf meiner Seite entgegenkommenden Motorrad aus und dachte schon, es sei geschafft, als unser Fahrzeug einen Schlag gegen die hintere Stoßstange bekam. Wir drehten uns plötzlich um 180 Grad in die Gegenrichtung, das Fahrzeug rollte zur Seite und blieb auf dem Dach liegen. Gott sei Dank kamen wir nur mit kleinen Schrammen davon, doch der Schrecken blieb. Noch heute zuckt meine Frau zusammen, wenn auf ihrer Seite ein Fahrzeug nahe herankommt. Das Leben entlang den Ufern der großen Flüs se ist für viele Bangladescher eine Herausfor derung. Durch die geringe Strömung in den trockenen Jahreszeiten versanden die Flüsse immer mehr. In der Regenzeit kommt es zu Überschwemmungen und immer wieder bricht ein Teil des Ufers weg, bis irgendwann plötz lich das Grundstück und das Haus in den Fluss stürzen. Wer kann in solchen Zeiten ruhig schlafen? Michael und Regine Kestner sind seit 30 Jahren Missionare in Bangladesch. Sie engagieren sich in der Gemeindearbeit, der außerschulischen theo logischen Ausbildung (TEE) und im Kinderdorf in Khulna. Vor ihrer Ausbildung am Theologischen Seminar war Michael Werkzeugmacher und Regine Erzieherin. Ihre vier erwachsenen Kinder leben in Europa. Sicher unsicher: Leben in Bangladesch Noch immer erinnern sich viele Menschen an den Einsturz des Rana Plaza, der Kleiderfabrik in Savar bei Dhaka. Bis heute fürchten sich viele, wenn sie ein hohes Gebäude betreten müssen. Welche Sorgen und Ängste bewegen „das goldene Bengalen”? Foto: Marc bächtold
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