MISSION weltweit – Ausgaben 2015

9 kAnADA DArUm GeHt’S miSSion weltweit 1–2/2015 lebt oder verursacht. Und nicht zuletzt lief mir an einem schrecklichen Tag in Afrika ein Kind ins Auto. Gott sei Dank war es nicht so schwer verletzt, wie es den Anschein hatte. – Wir alle haben genug gute Gründe für un­ sere Ängste. Gefahren sind real, Schlimmes passiert. Mir blieb an jenem Morgen in To­ ronto trotz meiner inneren Panik nichts anderes übrig, als mich ans Steuer zu setzen. Je länger ich fuhr, desto mehr musste ich staunen über Gott: Es war viel Verkehr. Die Mitfahrer mussten immer wieder kräftig „nicken”, weil ich bisher meistens rustikale Vehikel gefahren habe und keine neuen mit einem funktionstüchtigen Automatikgetriebe. Es ging an der Grenze nach USA weder schnell noch reibungslos. Ich war unsicher und man merkte es. Und doch fühl- te ich mich erstaunlicherweise immer wohl­ er! Meine Begleiter fanden es bemerkenswert, wie ich die zwölf Stunden durchs Unbekannte meisterte. Es fiel weder ein „Frau am Steuer!” noch irgendeine andere, insgeheim befürchtete Beleidigung. Angst vor Blamage und Stolz Gott gab mir keine Pause. In den nächsten Ta­ gen musste ich in den USA herumfahren, sogar bis dicht an die Innenstadt von New York City. Täglich neu kostete es mich Überwindung – aber gefolgt von der Erkenntnis, dass mir Au­ tofahren eigentlich Spaß macht. Es war an der Zeit, diesem Widerspruch auf den Grund zu ge­ hen: Vermeidungstrategien, aber Freude am Au­ tofahren!? Gott sollte sich diese ganze Arbeit, mich durch verschiedene, raffiniert verwobene Umstände an diesen Punkt zu bringen, nicht umsonst gemacht haben. Offensichtlich sollte ich etwas einsehen, mich besser kennenlernen und Gott erkennen. Ich verstand endlich: Es ist nicht Angst, die mich vom Autofahren abhält. Es ist auch nicht die reale Gefahr, die mich einschüchtert. Es ist der Stolz. Ich will mir keine Blöße geben. Ich will keine Fahrfehler machen. Hier liegt das Problem: Stolz und Angst vor Blamage stehen zwischen mir und den Mitmenschen und im Grunde zwischen mir und Gott. Bleibe ich in meinen Grenzen? Vor Jahren machte mein Teeniekreis bei einer Freizeit eine erlebnispädagogische Übung. Es ging darum, sich von einer Mauer fallen zu las­ sen und von den anderen mit bloßen Händen aufgefangen zu werden. Obwohl ich hohe An- sprüche an meine Vorbildfunktion als Leiterin hatte, gelang es mir trotz innerem Kampf und dem ärgerlichen Rufen der anderen („Jetzt spring endlich, wir warten schon ewig!”) nicht, mich „fallen zu lassen”. Schon damals wusste ich, dass ich über mein Vertrauen zu Menschen und vor allem über mein Gott­ vertrauen ernsthaft nachdenken sollte. Den uns anvertrauten künftigen Missionaren und Studenten der Interkulturellen Theologischen Akademie (ITA) versuchen wir beizubringen: Wir müssen flexibel sein, unsere Gewohnheiten und Überzeugungen hinterfragen, wir dürfen unsere Kultur nicht mit biblischer Wahr­ heit verwechseln – aber auch unsere eigenen Gewohnheiten nicht. Auch mich selbst muss ich hinterfragen: Las­ se ich mich wirklich von Gott führen und for­ men? Auch dann, wenn ich Angst habe, stolz bin, mich nicht überwinden kann? Bleibe ich innerhalb meiner Zäune oder darf Gott sie ein­ reißen und mir Freiheit schenken, mit der ich ganz neue Möglichkeiten habe? Stolz steht auf der einen, Gottvertrauen auf der anderen Sei- te. Mein Dasein als sein vertrauensvolles Kind und formbares Werkzeug, das zum Segen wer- den kann für viele, steht auf dem Spiel. Ich darf nicht nur vertrauen, wenn alles vertraut ist. Ich muss vertrauen, wenn ich keine Kontrolle habe. Darf ich Ihnen eine Hausaufgabe geben, die unsere Studenten manchmal als Wendepunkt erleben? Tun Sie diese Woche mal etwas, was sie sonst niemals tun würden! Wogegen sich in Ihnen alles sperrt – obwohl es weder ungesetz­ lich noch Sünde ist und für andere Menschen nicht mal außergewöhnlich. Und doch unmög- lich für Sie. Woher kommt diese Ablehnung? Steht da im Grunde Stolz gegen Gottvertrauen? Versuchen Sie den Vertrauensfall! Gott fängt Sie nicht nur auf, er fliegt mit – und trägt durch: „…wie icheuchauf Adlersflügelngetragenhabe” (2. Mose 19,4b). Rita Mattmüller l Daniel und Rita Mattmüller haben vier kinder, leiten seit 2012 das Vorbereitungspro­ gramm für missionare in kanada und sind verantwort­ lich für das Auslandssemester der interkulturellen theologi­ schen Akademie (itA). Daniel ist werkzeugmacher und war nach der Ausbildung am theologischen Seminar der Liebenzeller mission einige Jahre ecJugendreferent. rita ist realschullehrerin. Von 2003 bis 2010 waren sie missionare in malawi. ich darf nicht nur vertrauen, wenn alles vertraut ist. ich muss vertrauen, wenn ich keine kontrolle habe. FoToS: riTa und daniEL MaTTMÜLLEr

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