MISSION weltweit – Ausgaben 2016

22 weiterdenken >> gastbeitrag von rolf trauernicht In unserem Leben kann das Scheitern viele Gesichter haben. Scheitern an sich selbst Einige scheitern an den Ausbildungszielen, andere verlieren sich in Süchte wie Alkohol, Pornografie, Neid oder Unehrlichkeit. Nicht wenige müssen erleben, dass Beziehungen nicht stabil sind und es zu Trennungen kommt. Scheitern mit ansehen müssen Viele Eltern leiden darunter, dass die Kinder andere Wege gehen und machen sich Vorwürfe, wenn sie beruflich, in Beziehungen oder finanziell nicht klar kommen und einen Schuldenberg vor sich hertragen. Oder man schaut sich im persönlichen Umfeld um und wird viele Beispiele des Scheiterns wahrnehmen. Scheitern in Beziehungen Besonders tragisch ist das Scheitern, wenn Ehen kaputtgehen oder belastend werden. Und dann sind da noch die Menschen, mit denen man einfach nicht klarkommt. Sie lösen etwas in uns aus und wir leiden darunter, dass wir sie eigentlich nicht in unserer Nähe haben wollen. Ich möchte keine weiteren Beispiele aufzählen. Jeder Leser wird diese Reihe ohne Mühe fortsetzen können. Es könnte hilfreich sein, für sich persönlich sein Scheitern mit einem Namen zu versehen. Ich möchte nun der Frage mit Ihnen nachgehen, wie ein Mensch normalerweise mit Scheitern umgeht. Danach werde ich einige Lösungen aufzählen, die uns das Wort Gottes nennt. Häufige Reaktionen auf die Erlebnisse des Scheiterns Es gibt Menschen, die mit ihrem Scheitern gut klarkommen. Meistens sind das diejenigen, die eine gute Kindheit hatten, mit viel Gottvertrauen aufwuchsen und in ihrem Umfeld gute Wege vorgelebt bekamen, wie man mit Niederlagen leben kann. Der unerlöste Mensch verliert sich in zahlreichen Abwehrmechanismen, die es in der Seelsorge wahrzunehmen gilt. Ich will nur einige benennen, die häufig beobachtet werden können, aber langfristig nicht lösungsorientiert sind: l Verdrängung | Schwere Erlebnisse wie sexuellen Missbrauch oder Tod eines Angehörigen müssen wir verdrängen, um nicht durchzudrehen. Nach und nach werden solche Erlebnisse verarbeitet – so, wie die Psyche es verkraftet. Manche brauchen dazu einen Traumatherapeuten. l Regression | Es erfolgt ein überwiegend unbewusster Rückzug auf eine frühere Entwicklungsstufe der Ich-Funktion, in der ein niedrigeres organisiertes Verhalten noch funktioniert hat. Die Magersucht bei Teenagern kann so eine Ursache haben, indem zum Beispiel jemand keine Frau sein möchte und nicht erwachsen wer- den will, weil er oder sie damit negative Erfahrungen verbindet. l Verschiebung | Wer schwere Erlebnisse des Scheiterns nicht verarbeitet, steht in Gefahr, die Fantasien und Impulse von einer Person, der sie ursprünglich gelten, auf eine andere zu verschieben. Wenn jemand einen autoritären Vater erlebt hat, steht er in Gefahr, selbst autoritär zu werden oder Menschen mit ähnlichen Merkmalen zu meiden. l Schwarz-Weiß-Denken | Manchmal halten Menschen die Kompliziertheit des Lebens nicht aus und werden extrem. In unserem religiösen Umfeld können wir immer wieder Menschen beobachten, die sehr gesetzlich werden, die theologisch alles vereinfachen und damit viel Druck bei sich und anderen auslösen. Wir sollten mehr als „Unvollkommene“ zusammenkommen und nicht als scheinbar perfekte Menschen. Wie man erfolgreich scheitert Das Scheitern gehört zum Menschsein seit Adam und Eva. Die Bibel enthält unzählige Geschichten des Scheiterns: Kain und Abel, Jakob und Esau, Petrus, Paulus und Barnabas. Also: Wir sitzen im gleichen Boot. Gast- beitrag von Rolf Trauernicht

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzg4OTA=