18 weiterdenken >> sonderbeitrag von detlef krause Das waren Luthers Worte im April 1521, nachdem er aufgefordert worden war, seine Thesen und Schriften zu widerrufen. „Sola Scriptura“ (allein die Schrift) – mit dieser Aussage stellte sich Martin Luther gegen die römische Kirche, die sich für die ausschließliche Autorität in Glaubensfragen hielt. Das theologische Lehramt, vertreten durch den Papst und die Bischöfe, stand in ihrer Sicht über der Heiligen Schrift und hatte darüber zu bestimmen, wie sie zu interpretieren wäre. Luther dagegen betonte, dass die Bibel klar genug sei, um verstanden zu werden. In seiner Auslegung zu Psalm 37 schreibt Luther: „Wenn euch jemand von den Papisten antastet und sagt, man muss der Väter Auslegung haben, so sollet ihr antworten: ‚Es ist auf Erden kein klarer Buch geschrieben, als die Heilige Schrift.‘“ Er sprach sich nicht grundsätzlich gegen das Lehramt aus, aber er wollte betonen, dass auch Theologen und Lehrämter irren können und ihre Aussagen ständig an der Schrift gemessen werden müssen. „Sola Scriptura“ (allein die Schrift) war Luthers theologischer Befreiungsschlag, der den Einzelnen mit seinem Gewissen von den kirchlichen Autoritäten löste und an die Schrift band. Auf der einen Seite öffnete diese revolutionäre Einsicht für viele Menschen eine Tür zum persönlichen Glauben und eine individuelle Gottesbeziehung. Gleichzeitig entstanden neue Fragen hinsichtlich der Auslegung der Bibel. Wenn Luther vom „Schriftprinzip“ sprach, dann meinte er damit, dass die Schrift an sich klar genug und nicht zu hinterfragen sei. Die Schrift sei aus der Schrift heraus zu erklären. Als Mitte und Richtschnur der Interpretation gelte „was Christum treibet“. Hatte Luther mit der Berufung auf die Bibel das Papsttum entthront, so stieß nur 200 Jahre später die Aufklärung die Heilige Schrift von diesem Platz. Die Bibel als oberste Autorität wurde in der Emanzipationsbewegung der Vernunft in Frage gestellt. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage sollte nicht mehr mit dem Verweis auf irgendeine Autorität, sondern in Übereinstimmung mit der eigenen Vernunft bestimmt werden. In der Theologie wurde die Vernunft dementsprechend zum vorrangigen Erkenntnisprinzip. Das Ergebnis war eine Demontage von theologischen Überzeugungen, die bis zum damaligen Zeitpunkt als wahr galten. Die liberale Theologie mit ihren humanistischen und von den kirchlichen Traditionen, Dogmen und Glaubensinhalten losgelösten und säkularisierten geisteswissenschaftlichen Grundlagen und Methoden „entmythologisierte“ im weiteren Verlauf die Bibel. Die Folge war eine bis heute dauernde Grundsatzdiskussion der Es bleibt dabei: Allein Sonder- beitrag von Detlef Krause „Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde – denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, dass sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben –, so bin ich durch die Stellen der Heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir. Amen!“ Foto: istockphoto/margot kessler
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