MISSION weltweit – Ausgaben 2016

fRaNkREich DaRUm gEhT’S 17 miSSioN weltweit 3–4/2016 Doch dann hat sich über Nacht alles geändert. Bei den Anschlägen kamen 130 Menschen um, mehr als 350 wurden verletzt. Man erinnert sich wieder der ererbten Werte der Republik, will sie gemeinsam verteidigen und dem unsinnigen Töten ein Ende setzen. Frankreich mobilisiert alle Kräfte und befindet sich im Ausnahmezustand. Auch unsere Gemeinden in der Normandie sind betroffen. Eine Familie hat einen nahen Verwandten verloren, eine junge Frau ihre Freundin. Die Kirchen füllen sich wieder mit trauernden und ängstlichen Menschen. Unsere Gemeindeglieder fragen sich, wie sie den suchenden Menschen am besten begegnen können. Ihre Arbeitskollegen stellen offen Fragen zum Glauben. Die „Bekennerstimme vom IS“ ist in Alençon aufgewachsen und hat bis 2014 nur fünf Minuten vom Gemeindesaal entfernt gewohnt. Die Anspannung ist seit dem Polizeieinsatz bei der Familie des Terroristen spürbar. Erbschaften aus vielen Ländern In dieser Spannung lebt die Gemeinde, etwa 20 Personen aus Nigeria, Tschad, Kongo, Holland, Frankreich und Deutschland. In dieser bunten Schar bringt jeder sein „Erbe“ ein und fragt: Wie und wie lange feiert man eigentlich richtig Gottesdienst? Welche Haltung nimmt man beim Beten und beim Singen ein? Muss man sitzenbleiben oder darf man aufstehen, klatschen, trommeln? Wie groß darf der Hüftschwung sein beim Lied, wie kurz der Rock? Wie und wie oft halten wir das Abendmahl und wer darf teilnehmen? Fragen über Fragen und die Feststellung, dass es natürlich im jeweiligen Ursprungsland besser ist. Einige haben sich irgendwann einer anderen Gemeinde angeschlossen – um dort festzustellen, dass die auch nicht den Vorstellungen von der idealen Kirche entspricht. Wir müssen gemeinsame Lösungen finden im Verantwortlichenkreis, der aus vier Afrikanern und drei Europäern besteht. In interessanten Diskussionen und intensiven Gebetszeiten geht es uns nicht nur ums Zusammenleben und einen funktionierenden Gottesdienst. Wir haben die beste Botschaft der Welt weiterzusagen und zu leben und laden Menschen ein, ihr Leben ganz Jesus anzuvertrauen! Die Not der letzten Monate hat uns noch mehr verbunden. Wir bitten und flehen für die, die leiden und trauern. Wir bitten um Weisheit für unsere Politiker und Verantwortlichen. Wir reden auf unsere Weise von den Werten Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Wir sind dankbar für die Freiheit, die wir haben; dass wir im nachchristlichen Frankreich unseren Glauben leben und ausdrücken können. Und wir hoffen, dass uns der Ausnahmezustand nicht zu sehr einengt. Jesus hat uns von der Schuld, den Lasten und den Sorgen befreit. Von ihm lernen wir einander zu akzeptieren und zu schätzen, auch wenn der Teint und der Akzent verschieden sind. Vor Jesus sind wir alle gleich. Wie gut tut es, wenn der afrikanische Bruder leidenschaftlich für mich betet und ich ihn in meiner „etwas besonnenen“ Art ermutigen kann. Es ist und bleibt eine Herausforderung, gemeinsam Gemeinde zu bauen und das wichtigste Erbe zu leben und weiterzugeben, die Liebe Gottes. Albrecht und Annegret Hengerer ● Albrecht und Annegret Hengerer leben seit 1989 in frankreich, zunächst in avranches, wo sie eine gemeinde gründeten, jetzt in caen. albrecht leitet das missionarsteam in der Normandie und ist pastor in den gemeinden alençon und mortagne. Vor seiner ausbildung am Theologischen Seminar der Liebenzeller mission war er DiplomVerwaltungswirt. annegret bringt sich überregional in der arbeit unter frauen ein. Sie ist krankenschwester von beruf. Das Erbe der Revolution kurz vor dem furchtbaren attentat in paris am 13. November 2015 meinte ein journalist, dass die franzosen ihre Werte freiheit, gleichheit, brüderlichkeit verlieren würden. Der geldwert sei ihnen wichtiger als die auf der Rückseite der Euromünze eingeprägte Devise der französischen Revolution. Gemeindebesucher aus sechs und mehr Nationen Fotos: ALBRECht UND ANNEgREt hENgERER; mÜNZE: IstoCKPhoto.Com/BLADE-KostAs Liberté, Egalité, Fraternité, die Devise der Revolution auf der Euromünze mithelfen: sPENDENCoDE 1460-32 Frankreich

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