16 DArUM GeHt’S SAMBiA Foto: maRgit sCHWemmle In Sambia kann das ganz anders aussehen: Mit einer Mitarbeiterin unserer Schule gehe ich zu einer Beerdigung. Weil ich noch Unterricht hatte und nicht früher weg konnte, sind wir spät dran. Ihr macht das gar nichts aus. Ohne sich zu schämen, läuft sie mit mir im Schlepptau an den Leuten vorbei, um sich in der ersten Reihe einen Platz im Schatten zu suchen. Es wird ein bisschen eng auf der Bank, aber alle rücken zusammen und keiner macht sich darüber Gedanken, dass wir zu spät gekommen sind. Hauptsache, wir sind dabei. Das, was ich vor Jahren noch als peinlich und beschämend empfunden habe, macht mir jetzt nach 18 Jahren in Afrika gar nichts mehr aus. Mein Schamempfinden hat sich in manchen Bereichen der Kultur, in der ich überwiegend lebe, angepasst. So war mir der Weg in die erste Reihe mit unserer Mitarbeiterin auch nicht peinlich, obwohl ich das in Deutschland nie gemacht hätte. Vor Jahren hätte ich mich auch in Sambia bzw. Malawi noch irgendwo in die hintere Ecke gedrängt, wenn ich zu spät gekommen wäre. Gemeinsam mit der sambischen Frau und sozusagen unter ihrem Schutz, war es jetzt in Ordnung, den Gang in die erste Reihe zu wagen. Der Wechsel von einer Kultur zu anderen stellt mich durch die unterschiedlichen Maßstäbe manchmal vor größere Herausforderungen. Mir fehlt die Sicherheit, zu wissen, was in der einen Kultur richtig ist, weil ich auch von der anderen geprägt bin. Nein, gelogen ist das nicht … In einer anderen Situation fiel es mir schwerer, mich auf das so ganz andere Wertesystem einzulassen. „Wie stehen wir denn da, wenn wir nur auf Platz 20 der Liste mit den staatlich anerkannten Universitäten auftauchen? Da müssen wir uns ja schämen!“, meinte ein Dozent. Um nicht auf Platz 20 zu landen, wird deshalb beim Besuch der Akkreditierungskommission auch mal kräftig übertrieben, wenn es um Studiengänge, Möglichkeiten für unsere Studenten und angestrebte Studentenzahlen geht. Nein, gelogen ist das nicht, was der Dozent sagt. Die Pläne haben wir ja! Aber in meinen doch ganz anders geprägten Ohren klingt es nach Unerreichbarem und Unwahrscheinlichem – und deshalb nach meinem Empfinden als etwas, was ich besser nicht öffentlich sage und schon gar nicht tue, um besser dazustehen, als wir tatsächlich sind. In Situationen wie dieser stehe ich vor der Frage, ob ich etwas sagen oder es als unterschiedliche Wahrnehmung hinnehmen soll. Würde ich dazu öffentlich Stellung nehmen, würde der Dozent sein Gesicht verlieren und als jemand dastehen, der Tatsachen nicht so darstellt, wie sie sind. Das will ich auf keinen Fall, und deshalb muss ich eine andere Lösung finden. Im persönlichen Gespräch kann das irgendwann angesprochen werden. Dann versuche ich zu erklären, warum es für mich ein Problem ist, dass er (in meinen Augen) so maßlos übertrieben hat. Ich bin vorsichtiger geworden mit meiner Beurteilung. Es braucht Weisheit, Kulturverständnis und Liebe füreinander, um unterschiedliche Wertesysteme zu akzeptieren und anhand der Bibel zu prüfen. Gemeinsam können wir lernen, voneinander und miteinander. Margit Schwemmle ● Margit Schwemmle ist Dozentin an der „evangelical University“ in Ndola und kann junge Sambier in ihrer theologischen Ausbildung als Mentorin begleiten. Die frühere Finanzbeamtin hat die Bibelschule Brake absolviert und war danach mit der liebenzeller Mission in Malawi und in der pioniermission in Sambia im einsatz. Mithelfen: sPendenCode 1440-32 sambia Wenn es nur der Fleck wäre … Unterwegs in Deutschland. Gerade noch rechtzeitig, bevor ich zum Hauskreis für Frauen fahre, entdecke ich den Fleck auf der Hose. puh, gerade noch mal gut gegangen. ich ziehe mich schnell um, fahre ein bisschen schneller und bin pünktlich zum Veranstaltungsbeginn da, was hier wichtig ist. Bei der Graduierungsfeier an der Evangelical University
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