MISSION weltweit – Ausgaben 2017

19 Krankhafte Eifersucht: Der Partner wird als Eigentum bean- sprucht. Kontrollzwänge töten die Liebe. Gewalt: Psychische oder körperliche Gewalt töten die Beziehung. Jede Form von Gewalt führt zum Verlust der Selbstachtung des Partners. Aber auch Gewaltanwendung und sexuelle Übergrif- fe gegenüber den Kindern können zu tiefen Zerwürfnissen füh- ren. Hier ist auch emotionaler Missbrauch zu nennen: „Wenn du nicht das machst, was ich von dir erwarte, wirst du leiden. Dann strafe ich dich mit Rückzug und Schweigen, bis du nachgibst.“ Persönlichkeitsstörungen und andere schwere psychische Erkran- kungen: Wenn mehrere Jahre psychotherapeutischer Behandlung des Partners im stationären wie im ambulanten Bereich keine Än- derungen bringen. Wenn depressives, aggressives, zwanghaftes Verhalten, generalisierte Angstzustände, chronische Psychosen oder schizophrene Erkrankungen das Miteinander auf engstem Raum für den Partner und die Kinder unmöglich machen. Selbstverständlich ist die Rückführung einer Trennung auf nur eine Ursache oft falsch. Ehekrisen mit Trennungsfolgen liegen mehrere Ursachen zugrunde und es liegt meist nicht nur bei ei- nem der Partner. Dennoch können die oben genannten Themen so schwer wiegen, dass sie alle Rettungsversuche überlagern. Etappen der Ehekonflikte Selbst wenn beide das gleiche Bekenntnis an ihren einen Herrn und Gott teilen, nimmt die Krise ihren Lauf, wenn die Betroffe- nen nicht rechtzeitig und aktiv dagegen ansteuern. Oder anders formuliert: Der gemeinsame Glaube hält zwar Ressourcen parat (Offenheit, Ehrlichkeit, verzeihen und verge- ben), aber oft nutzen betroffene Paare die- se nicht oder nur ineffektiv. Alltagsprobleme/Alltags- konflikte Es treten Missverständnisse und Irritationen auf, wie sie im Alltag „eben“ vorkom- men. Es herrscht ein Gefühl vor, meistens Ärger/Wut. Diese Spannungen werden in der Regel vom Ehepaar durch offene Gespräche selbst gelöst. Manche su- chen das Gespräch mit guten Freunden, Seelsorgern, Ver- wandten und Bekannten. Neue Perspektiven helfen, die bisherige Beziehung wieder flott zu bekom- men und zu festigen. Versäumt es ein Paar, jetzt solche klärenden Gespräche zu führen und sensibel für die eigene Be- ziehung zu reagieren, entwickeln sich nach einigen Monaten die Eskalationen weiter und es kommt zu spürbaren Verletzungen: Beziehungsstörungen Seit einigen Monaten „knirscht und knackt“ es; etwas läuft ständig schief. Das Paar verletzt sich inzwischen in unterschiedlichen Bereichen ihrer Ehe. In der Regel treten WEITERDENKEN >> sonderbeItrag Von WILFrIed Veeser jetzt nicht nur Ärger und Wutgefühle auf, sondern auch Gefüh- le der Trauer und der Resignation. „Da kannst du nichts mehr machen. Sie/er ist halt so. Wie das wohl weitergehen wird? ...“ Für das Paar ist es jetzt sehr mühsam, diese Beziehungsstörung auf einen ursprünglichen Auslöser zurückzuführen und die Span- nung selbst zu überwinden. Sind Paare hier angekommen, brau- chen sie in der Regel Eheberatung durch Fachpersonen. Sollte ihnen dies jedoch nicht gelingen, weil einer der beiden Partner keine Einsicht hat („Wir brauchen keine Beratung. Das wird schon wieder!“), entwickelt sich die Eskalationsspirale weiter: Beziehungserkrankungen Jetzt passieren immer mehr gegenseitige Verletzungen und schwere Konflikte. Und dies schon seit einem oder mehreren Jahren. Manche fantasieren offen oder verdeckt, wie es wäre, wenn man sich trennt und auseinandergehen würde. Meistens verlaufen diese Wahrnehmungen nicht parallel. Der eine wähnt sich vielleicht noch auf der Ebene der Beziehungsstörung. Der andere ist schon weiter. Ein Wort gibt das andere. Oft endet die Auseinandersetzung in einem verletzenden Patt ohne Aussicht auf Besserung. Das Ver- trauen ist tief beschädigt oder gar ganz zerstört. Zu den bisher bekannten Gefühlen wie Ärger/Wut, Trauer und Resignation ge- sellt sich auf dieser Ebene zunehmend ein drittes Gefühl: Abnei- gung gegenüber dem anderen, was sich bis zu Ekelgefühlen und Abscheu steigern kann („Mit dem/mit der will ich nichts mehr zu tun haben“). Die Konfliktlösung ist aus eigener Kraft definitiv nicht mehr möglich. Die Beziehung ist nachhaltig erkrankt. Selbst Gesprä- che im Rahmen einer Ehetherapie sind oft schleppend und zäh. Die Ehebeziehung steht auf der Kippe. Fachliche Hilfe von außen ist unverzichtbar. Lässt ein Paar auch diese Möglichkeit verstrei- chen, steuern auch Christen unaufhaltsam dem Ende ihres auf Dauer angelegten Lebensprojektes zu: Beziehungszerstörung Nunmehr trägt das einst verliebte Paar die Bürde von mehrjäh- rigen Krisen, Spannungen oder verletzendem Streit. Das gegen- seitige Vertrauen ist zerstört. Es gibt keine Bereitschaft mehr, die Perspektive des anderen zu übernehmen. Es wird nur noch die Sehnsucht nach einem schnellen Ende spürbar. Die Beziehung ist kaputt und vorbei. Wut, Trauer und tiefe Abneigung hat im Ge- hirn der Partner schwerwiegende Spuren hinterlassen. Manchmal wirken sie wie traumatisiert. Sie halten den jeweils anderen nicht mehr aus. Ängste vor neuen Verletzungen führen unmittelbar zu Kampf oder Flucht. Spricht man mit den Partnern getrennt, zeigt sich jeder verständig und bemüht. Kommen jedoch beide zusam- men, verändert sich der Kommunikationsstil für alle deutlich wahrnehmbar. Selbst dann, wenn es beiden punktuell gelingt, die starken Gefühle zu kontrollieren, sind die Würfel gefallen. Für außenstehende Christen ist dieser Zustand oft nicht nach- zuvollziehen. Und natürlich bleibt die prinzipielle Möglichkeit, dass Gott ein Wunder tun kann. Aber meist tut er es ohne die beiden Betroffenen nicht. Solche Paare zu begleiten heißt jetzt: Wege finden, wie das Paar – vor allem der Kinder wegen – „mit Anstand“ die Beziehung beenden und neu ordnen kann (Thema: Mediation). Denn die Kinder sind meist sehr belastet und letzt- lich den emotionalen Kämpfen nicht gewachsen. mIssIon weltweit 9–10/2017 der gemeinsame Glaube hält zwar Ressourcen parat, aber oft nutzen betroffene Paare diese nicht oder nur ineffektiv.

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