MISSION weltweit – Ausgaben 2017

7 mission weltweit 11–12/2017 sÜDostasien Darum GeHt’s sen nicht um ihren wahren Wert; nie haben sie gehört, wie Gott sie sieht. Leider geht das harte Urteil weit über das Aus- sehen einer Person hinaus. Die Hautfarbe ist erst der Anfang. Viele Faktoren sind entschei- dend, an denen der soziale Status gemessen wird: Die Familienzugehörigkeit spielt eine große Rolle, ob man arm ist oder reich, ob je- mand gebildet ist oder die Schule nur bis zur 3. Klasse besucht hat. Man schaut darauf, wessen Geschirr aus Plastik ist und wessen aus wert- vollerem Porzellan. Ist ein Mann bloß ein ein- facher Ticketverkäufer im Stadtbus oder hat er vielleicht eine einflussreiche Büroposition? Im täglichen Leben prägen alle diese Faktoren den Umgang der Menschen untereinander sehr stark. Sie entscheiden darüber, ob jemand mit mehr oder weniger Achtung behandelt wird. Ob jemand mit „Sie“ angesprochen wird oder ob ein weniger achtungsvolles „Du“ ausreicht. Ob jemandem Befehle erteilt werden oder ob man sich der Person gegenüber unterwürfig zeigt. Unser Verhalten haut nicht hin Weil Samuel und ich auch den Busfahrer oder den Verkäufer als gleichwertige Personen anse- hen und sie dementsprechend freundlich behan- deln, passt unser Verhalten oftmals gar nicht in das Schema der Menschen, denen wir dienen. Besonders dann, wenn wir ärmere Menschen als wertzuschätzende Gäste empfangen. Dann wun- dern sich unsere Nachbarn. Oder wenn Samuel sich einen Moment Zeit nimmt, um freundlich mit dem Jungen zu sprechen, der uns die Milch bringt. Oder wenn ich die hart arbeitende Frau, die in unserem Haus den Müll einsammelt, her- einbitte, um ihr etwas zum Trinken anzubieten. Nach zwei Jahren in einer so ganz anderen Kul- tur begann ich mich zu fragen: Woher kommt das bloß, dass ich nicht so darauf achten muss, wer vor mir steht? Warum macht es für mich nicht den großen Unterschied, ob jemand hel- le Haut hat oder dunkle, ob ich mit dem Arzt im Krankenhaus oder mit dem Bettler am Stra- ßenrand rede? Natürlich ist meine Haltung zum Teil auf meinen kulturellen Hintergrund zu- rückzuführen; auf meine Art der Sozialisierung. Keine Frage, auch in meinem Herkunftsland werden Unterschiede gemacht. Aber gleiche Behandlung ist im Allgemeinen doch ein hoch geschätztes Gut. Woran liegt das? Vielleicht daran, dass wir eben „menschlich“ genug sind? Haben viele Men- schen halt „das Herz am rechten Fleck“? Oder ist es auf den Humanismus der westlichen Kultur zurückzuführen, dass man seinen Mitmenschen unabhängig von Bildung und Herkunft achtet? Vielleicht teilweise. Die Bibel führt mir jedoch ein anderes Bild vor Augen. Sie spricht davon, dass das menschliche Herz von Grund auf böse ist. In dem Augenblick, als die Menschen im Gar- ten Eden die Fähigkeit erlangten, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, begann der Wett- kampf des Richtens – und des Verurteilens. Wie selbstverständlich entscheiden wir, wer besser und wer schlechter ist, wer richtig handelt und wer falsch, wer mehr wert ist und wer weniger Achtung verdient! Und das, ohne Hintergründe zu kennen, ohne allwissend zu sein, und oftmals ohne Gnade. Wenn jemand anderes als Gott auf dem Richterstuhl des menschlichen Herzens sitzt, sind die gegenseitigen Urteile lieblos und ungerecht. Und oft nicht besonders wertschät- zend. Das ist kulturübergreifend so, oder? Dem entgegengesetzt finden wir in unserer deut- schen Vergangenheit viele Berichte von Perso- nen, die die Schönheit der göttlichen Gerech- tigkeit und Gnade erkannten. In ihren Herzen konnte das Bewusstsein über den besonderen Wert des Menschen durch ihre Zugehörigkeit zu Gottes Großfamilie wachsen. Und dieses Be- wusstsein hat unsere christlich-abendländische Kultur über Jahrhunderte hinweg geprägt. Und damit auch meine Sicht. Ich will noch mehr se- hen und verstehen, welche Wertschätzung Gott durch Jesus dem Menschen entgegenbringt. Da- mit SEIN Reich komme. Johanna ● Wenn jemand anderes als Gott auf dem Richterstuhl des menschlichen herzens sitzt, sind die gegen- seitigen Urteile lieblos und ungerecht. Trennung zwischen Arm und Reich: Vor einem Hotel verhindert ein Sicherheits- beamter den Kontakt zwischen den Bettlern und den Hotelgästen. Bild links: Die Küche der Familie, bei der wir gewohnt haben. Vorne das Mädchen mit der dunklen Hautfarbe.

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