MISSION weltweit – Ausgaben 2017
10 Darum GeHt’s malaWi Doch diese zogen Emily an ihren blonden Haa- ren, sie zwickten in die helle Haut und rann- ten lachend davon. Die Erzieherin knabberte ab und zu an Emilys Vesperbrot ... Sie können sich vorstellen: So ein Start ist nicht leicht. Doch dann ging unsere Tochter drei Jahre voller Be- geisterung in ihren Kindi. Vor Kurzem sagte unser Dorfhäuptling: „Ihr Missionare seid wie wir, wenn ihr im Dorf lebt. Dann lebt ihr so wie wir.“ Das war für uns wie ein Ritterschlag. Wir werden wahrgenommen als gleichwertige Menschen, die mit ihnen „einfach“ leben. Der Häuptling fuhr fort: „Aber wenn ihr ins Flugzeug steigt, dann seid ihr wie- der weiß!“ Auch das ist wahr. Wenn ich am Chisomo-Zentrum biblische Inhalte klar und verständlich darlege, aber in fragende „Von-was- redet-der-gerade“-Gesichter schaue, wird im- mer wieder deutlich: Es unterscheidet uns mehr als die Hautfarbe. Besonders krass ist es im Bil- dungsbereich. Das merken schon unsere Töch- ter: Sie sind es gewohnt, Kinderbücher zu haben und vorgelesen zu bekommen. Diese Erfahrung kennen ihre malawischen Spielkameraden nicht. Wert und Würde für Bitilesi Bitilesi Paulino, eine unserer Studentinnen, er- zählte an einem Abend im Mai: „Bevor ich zur Bibelschule Chisomo kam, wusste ich nicht, wie der Buchstabe A aussieht. Heute kann ich das A lesen. Wenn ich den Buchstaben irgendwo sehe, erkenne ich ihn. Schlage ich die Bibel und das Liederbuch auf, dann bin ich glücklich über je- des A, das ich finde. Ich bin nicht mehr dumm, und die Händler auf dem Markt können mich nicht mehr betrügen.“ In ihrer Begeisterung erwähnte Bitilesi nicht, dass sie nun auch die anderen 25 Buchstaben kennt. In zehn Monaten harter Arbeit hatte die etwa 55-Jährige lesen und schreiben gelernt. Niemand hat ihr gesagt, wann sie geboren wur- de. Wie viele Malawier hat Bitilesi Paulino am 1. Januar Geburtstag. In ihrem „neuen Leben“ kann die ehemalige Analphabetin am Leben der Gebildeten teilhaben. Bisher musste sie alles blind glauben. Auch dem Pastor in ihrem Dorf, der Verse zitierte, die gar nicht in der Bibel ste- hen. Wie hätte sie es überprüfen können? Doch der kleine Buchstabe A brachte eine große Ver- änderung und gab ihrem Leben Würde. Ihren Kindern und Enkelkindern sagte sie: „Bleibt nicht dumm, wie es eure Oma oder Mutter war.“ Ihr Selbstwert ist gewachsen, sie fordert auch größere Gruppen in der Kirche oder im Dorf auf: „Geht in die Schule. Lesen und schrei- ben ist wichtig!“ Doch Bitilesi hat am Chisomo-Zentrum nicht nur das A kennengelernt, sondern auch Jesus, das A und O, Alpha und Omega, der Erste und Letz- te. Sie bezeugte an jenem Abend: „Ich ging jede Woche in die Kirche und hörte, was gepredigt wurde. Aber Jesus lernte ich dort nicht kennen. Das habe ich hier am Chisomo-Zentrum getan. Ich habe viel aus dem Alten und Neuen Testa- ment gelernt. Nun weiß ich, dass Jesus für mich am Kreuz gestorben und wieder auferstanden ist. Nun bin ich ein wertvolles Kind Gottes, und das kann mir niemand nehmen. Auch meine Enkel sollen Jesus in ihr Leben aufnehmen.“ Bitte beten Sie mit uns, dass Bitilesi und die an- deren Ehefrauen von unseren Studenten ein le- bendiges Zeugnis für Jesus sind – in ihren Fami- lien, in ihren Heimatgemeinden, in ihrem Dorf. Joachim Berger ● Joachim und Mirjam Berger sind seit august 2011 für die theologische und handwerk- liche ausbildung malawischer Pastoren am chisomo-Zentrum verantwortlich. Zuvor haben sie zwei Jahre die Sprache chichewa und die Kultur des landes kennengelernt. vor sei- ner theologischen ausbildung in bad liebenzell war Joachim Kfz-mechaniker. mirjam ist Pharmazeutisch-technische assistentin. die beiden haben drei töchter. ich bin nicht mehr dumm! Gewisse unterschiede kann man nicht von der Hand weisen. unsere tochter emily war das erste weiße kind im Dorfkindergarten in unserer nachbarschaft. anfangs wurde sie anders behandelt, obwohl sie fließend Chichewa sprach und einfach nur spielen wollte wie die malawischen kinder. Bitilesi (links) und zwei andere Ehefrauen von Studenten freuen sich über selbst genähte Taschen für den Trans- port von Bibel und Liederbuch. Auch ihre Brille bekam Bitilesi vom Chisomo-Zentrum. Foto: miRJam beRGeR mithelfen: SPendencode 1671-32 malawi
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