MISSION weltweit – Ausgaben 2017
16 Darum GeHt’s interkulturelle teams DeutsCHlanD Foto: chRiStoPh KieSS Sie erleben in Deutschland nicht nur eine offene Gesellschaft, sondern machen auch Gebrauch von der Religionsfreiheit. Manche von ihnen haben sich schon in ihrer Heimat gefragt, was am christlichen Glauben so besonders ist. Ande- re wurden erst in Deutschland mit „der neuen Religion“ konfrontiert. Einmal in der Woche treffen wir uns: Es sind unsere neuen Schwestern und Brüder, und wir sind ihre neue Familie. Doch immer wieder mer- ke ich, wie anders diese Geschwister sind. Ich kenne ihre Namen und zum Teil ihre Lebens- geschichte. Oft sind sie mir näher als eigene Verwandte. Aber manchmal sind sie mir – selbst nach ein, zwei oder drei Jahren – noch fremd und fern, weil ich ihre Art des Denkens und ihre Wahrnehmung nicht nachvollziehen kann. Selbst dann nicht, wenn sie Christen sind. Bei manchen Antworten und Reaktionen merke ich, wie tief die muslimisch-orientalische Welt- anschauung in ihrem Denken verankert ist. Ein halbjähriger Taufvorbereitungskurs reicht nicht aus, christliche Werte zu etablieren. Deshalb treffen wir uns weiter mit der gesamten Grup- pe. Wir teilen uns nicht in Kleingruppen auf, denn ich habe festgestellt: Ich bin stark von der westlich-individualistischen Kultur geprägt und habe den Wert des Glaubenswachstums in der Gemeinschaft unterschätzt. Wenn aus Herrschern Diener werden An einem Bibelgesprächsabend reden wir darü- ber, dass wir als Christen nicht lügen, sondern immer die Wahrheit sagen sollen. Prompte Re- aktion aus der Gruppe: „Das geht ja gar nicht! Ich lüge täglich mehrmals. Nur so kann ich durch den Tag kommen!“ Ist es eine schlech- te Angewohnheit oder eine Sache der Weltan- schauung? Ein gläubiger Muslim wächst mit folgendem Gottesbild auf: Allah ist nicht nur der Barmher- zige, sondern auch der Überlister (Sure 4,142). Täuschen, leugnen und heucheln ist im Islam zugelassen, wenn es zugunsten der Religion ge- schieht. Dieser „Wert“ hat Auswirkungen auf die Mitmenschen – und hinter der äußeren Höf- lichkeit versteckt sich nicht selten Misstrauen und Missgunst, Neid und Eifersucht. Wer in ei- nem Umfeld aufwächst, in dem vorwiegend mit Geld, Einfluss und Macht Respekt eingefordert wird, der hat es schwer, in einer weltoffenen Gesellschaft zurechtzukommen. Als Christen folgen wir Jesus nach, der einen alternativen Weg gezeigt hat. Weil sich Jesus als Gott erniedrigte, Mensch wurde und für unsere Schuld bezahlte, hat jeder Mensch die Möglichkeit, in den Himmel zu kommen. Jesus Christus diente den Menschen und fordert uns auf, seinem Beispiel zu folgen. Und so kann ich manchmal auch beobachten, wie orientalische Christen anderen helfen, sie ermutigen und unterstützen. Die, die in ihrem Herkunftsland geherrscht und bestimmt haben, sind nun be- reit, anderen zu dienen. Wenn ich so etwas bei meinen neuen Geschwistern beobachten darf, dann weiß ich, dass die Sinneser- neuerung stattfindet (Römer 12,2). Da- durch werden sie – und ich mit ihnen – ein wenig mehr durch die Kraft des Heiligen Geistes in das Eben- bild Gottes geformt. Waldemar ● Waldemar und Olga enga- gieren sich seit 2013 unter Geflüchteten im Raum Pforz- heim. Zuvor waren sie nach Waldemars ausbildung am theologischen Seminar der liebenzeller mission 14 Jahre lang im missionsdienst in bangladesch. beide sind in der ehemaligen Sowjetunion aufgewachsen, haben eine Krankenpflegeausbildung absolviert und freuen sich an ihren drei Kindern. neue Familie mit anderen Werten „Wir denken und reden gut voneinander.“ Das wollen wir in unserer Gemeinde immer wieder zum thema machen und praktisch leben. ich möchte es auch in einem bibelgesprächskreis jungen Gläubigen vermitteln, die vorwiegend aus afghanistan oder dem iran kommen und früher muslime waren. mithelfen: SPendencode 1060-32 interkulturelle teams Flüchtlinge lernen Deutsch
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