MISSION weltweit – Ausgaben 2017

19 Hingegen kann nach unserem Grundgesetz die Würde des Men- schen niemals an seiner Leistung und dem Nutzen für das Ge- meinwesen oder an seinem Charakter und Verhalten festgemacht werden. Worin ist also der Grundsatz der Menschenwürde ver- ankert? Die Idee der Menschenwürde hat tiefreichende historische Wurzeln. Vorläufer dessen, was heute unter „Menschenwürde“ verstanden wird, finden sich bereits im frühen Judentum und im Christentum. Dazu zählen primär der Gedanke der Gottebenbildlichkeit des Men- schen (Genesis 1,27) und die daraus folgende fundamentale Gleich- heit der Menschen. (Wikipedia) 2. Lebenswert und Menschenwürde sind begründet in der Gottebenbildlichkeit Der Mensch ist geschaffen zu Gottes Ebenbild. Dies zeigt sich darin, dass der Mensch ein persönliches, denkendes und morali- sches Wesen ist. Er besitzt Elemente der Persönlichkeit, die de- nen der göttlichen Person entsprechen, wie das Denken, Fühlen und Wollen. Die Engel lobten Gott und beteten ihn an, als Gott Himmel und Erde erschuf (Hiob 38,7) und als er seine Schöpfung krönte mit der Erschaffung des Menschen. Von diesem himmlischen Lob der Engel und der Glückseligkeit der ersten Menschen dichtete Gott- fried Freiherr van Swieten: Mit Würd’ und Hoheit angetan, Mit Schönheit, Stärk’ und Mut begabt, Gen Himmel aufgerichtet steht der Mensch, Ein Mann und König der Natur … Und aus dem hellen Blicke strahlt Der Geist, des Schöpfers Hauch und Ebenbild … Joseph Haydn hat diesen Text vertont in seinem Oratorium „Die Schöpfung“. Unsere besondere Würde liegt in unserer Gottebenbildlichkeit. 2.1 Unsere Berufung ist, Gott zu loben und ihn anzubeten Diese Berufung kommt in Haydns Oratorium ganz besonders gut zum Ausdruck. Da singen die Engel am Ende des fünften Schöpfungstages: „In vollem Glanze der Himmel scheint; in ihrem Schmuck die Erde prangt … Da fehlte das Geschöpf, das Gottes Wer- ke dankbar sehn, des Herren Güte preisen soll.“ Das Geschöpf, das noch „fehlt“, ist der Mensch, der „Gottes Wer- ke dankbar sehn, des Herren Güte preisen soll“ . Und das geschieht dann im Oratorium mit Worten und Musik, die Adam und Eva in ihrer Anbetung vor Gott bringen. Stellvertretend für die ganze Schöpfung bringen sie ihr Lob vor Gott. Zur Dankbarkeit und zur Anbetung Gottes sind wir berufen. Dazu gab Gott uns alle Sinne und den Verstand. Durch die Anbetung Gottes entsprechen wir unserer königlichen Würde (Offenbarung 1,6) und unserem Stand als Ebenbild Gottes. Sie macht uns zum Gegenüber Gottes auf dieser Erde. Unsere Anbetung lässt das Lob Gottes von der Erde her zu Gott kommen, so wie es die Engel vom Himmel aus vor Gott bringen. 2.2 Diese Welt zu gestalten Gott hat uns zu seinem Ebenbild geschaffen, damit wir seine Welt gestalten. Dazu hat er uns mit Fähigkeiten und Gaben aus- WEITERDENKEN >> sonDerbeitraG Von sCHWester JoHanna HÄGele gestattet. Gott, der Schöpfer, gab seinem Ebenbild schöpferische Gaben, mit denen wir diese Welt gestalten dürfen – in unserem Beruf, in der Gemeinschaft, in der wir leben, im Ehrenamt oder im Ruhestand. Unsere alten Schwestern könnten jetzt fragen: Und was ist mit uns und anderen behinderten, kranken und alten Menschen, die vielleicht gerne mitgestalten würden, aber nicht mehr können? Dies ist durchaus ein Leidenskapitel. „Bebauen und bewahren“ ist unsere „DNA“. Wir sind dafür geschaffen, die Erde zu gestal- ten. Alles andere ist eine Folge des Sündenfalls, sprich der Loslö- sung des Menschen von seinem Schöpfer. Für uns Schwestern ist es wie für alle Christen ein Trost, dass Gott auch aus dem Chaos, dem Fall des Menschen, etwas Gutes schaffen kann – so, wie er es von Anfang an tat, als er aus dem, was „wüst und leer“ war, ein Paradies erschuf. Gott kann und wird in Segen verwandeln, was wir ihm anbefehlen und aus sei- ner Hand nehmen. Weil der Mensch mit seinem ganzen Wesen Gottes Ebenbild ist und ihn widerspiegelt, war der Sündenfall die Urkatastro- phe der Menschheitsgeschichte. 3. Wert und Würde wurden verzerrt und entartet durch den Sündenfall Adam und Eva schenkten dem Satan, dem Gegenspieler Gottes, Gehör, der sie zum Ungehorsam gegen Gott reizte. Sie erlagen der Versuchung und übertraten Gottes Gebot. Der Tod kam in Gottes Schöpfung und mit dem Tod ist der Mensch von der Erde verschwunden, ausgelöscht, ver- gessen. Für ihn gilt nun: „ Du sollst wieder zu Erde (Staub) werden. (1. Mose 3,19). Der Psalmbeter klagt deshalb: „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da …“ Psalm 103,15f Noch schlimmer: Der Mensch gleicht den Götzen, die er verehrt (Psalm 135,18). Der Mensch entwürdigt sich selbst immer mehr, indem er sich auf die Stufe des von ihm verehrten Gegenstandes stellt, seiner Götzen. Diese haben heute nur andere Namen als zur Zeit des Psalmbeters. Sie heißen zum Beispiel Auto, Wohnung, Erfolg, Anerkennung usw. Der Mensch wird zum Sklaven seiner Götzen; zum Sklaven der Sünde. Sklaven hat man die Menschen- würde abgesprochen, sie wurden zur Handelsware degradiert. Jetzt gilt nicht mehr „Gen Himmel aufgerichtet steht der Mensch“ (Haydn, Schöpfung), sondern „… alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar.“ 1. Mose 6,5 Und doch: Die Gottebenbildlichkeit des Menschen wird dadurch nicht aufgelöst! Nach der Sintflut betont Gott selbst nochmals ausdrücklich: „… denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde ge- macht.“ 1. Mose 9,6 Gerade das ist ja die Katastrophe: Gottes Ebenbild wurde wieder zu Staub! Wie sehr wird damit Gottes Ehre und Herrlichkeit in den Staub getreten! Deshalb, um seinetwillen, um seiner Ehre Foto: atelieR aRnold/ccviSion mission weltweit 11–12/2017 Für viele Menschen in Sambia sind Schuhe ein Luxus. Foto: maRGit SchWemmle

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