MISSION weltweit – Ausgaben 2017

11 samBia darum geht’s mission weltweit 3–4/2017 FotoS: hANS-pEtEr hErtlEr sehen die meisten meiner Zuhö- rer in mir einen unendlich rei- chen Mann, der über unbegrenzte Mittel verfügt und sich alles leis- ten kann, von dem sie selbst nur träumen können. Das ist nicht die einfachste Ausgangslage, um die Wahrheit des Evangeliums wei- terzusagen – der Vorwurf, Wasser zu predigen und Wein zu trinken, ist nicht weit. Aber es ist wichtig, darüber zu reden, was die Bibel über das Streben nach Reichtum und welt- licher Absicherung sagt. Denn es bleibt nicht bei Facebook-Mitteilungen. Christen kratzen ihr Er- spartes zusammen, fliegen quer über den Kon- tinent und wollen „ihren“ Propheten treffen. In einer unserer Gemeinden mussten zwei Älteste abgesetzt werden, weil sie ein Kirchengrund- stück zweimal verkauften. Dabei war es längst dem Pastor als Ausgleich für nicht erhaltene Gehaltszahlungen überschrieben worden. Man könnte die Liste fortsetzen. Aber selbst wenn Christen mehr (genug?!) Geld haben, hören die Probleme nicht auf. Die armen Christen klagen über sie: „Die wollen nichts mehr mit uns ein- fachen Leuten zu tun haben. Sie geben uns nur Geld, kümmern sich aber nicht um uns, gehen uns aus dem Weg.“ Ich weiß nicht, was ich auf diese Klage antworten soll. Es sind zwei unter- schiedliche Welten, die hier aufeinandertreffen. Aber so war es wohl auch im Neuen Testament, wenn Sklaven und Verwaltungsbeamte oder Geschäftsleute in einer Gemeinde waren. Paulus muss sich mit die- sem Thema immer wieder ausei- nandersetzen: Wie gehen wir mit unserem Reichtum um, wie gehen wir mit unserer Armut um? Vorbilder mit weitem Horizont Aber es gibt sie – Menschen, die vom Evangelium verändert wur- den und die anderen ein gutes Vorbild sind. Traditionell ist man in Sambia verpflichtet, innerhalb seiner Familie zu hel- fen, oft sogar in einem Ausmaß, dass man selbst kaum vorankommen kann, weil jeden Monat am Zahltag die halbe Verwandtschaft an der Türe steht und um Hilfe bittet. Nein sagen ist dabei nur sehr schwer möglich. Wir haben es aber erlebt, dass Menschen einen weiteren Horizont über die eigene Familie hin- aus bekommen. Zum Beispiel hat ein Geschäfts- mann die Patenschaft für eine arme Gemeinde übernommen. Er besucht sie regelmäßig, um dort zu predigen. Darüber hinaus bringt er auch finanzielle Unterstützung. Er hat Zement und Wellblech gekauft, damit die Geschwister ihre eigene Kirche bauen können. In einer anderen Gemeinde fristet der Pastor ein ärmliches Dasein. Seine „Aufwandsentschä- digung“ geht nicht über das hinaus, was ein Ta- gelöhner für einen Halbtagsjob bekommt. Die Lehrer in dieser Gemeinde verdienen das Zehn- fache! Während sich seine Gemeindeglieder neue Autos kaufen, Häuser bauen und es sich gut gehen lassen, muss er umziehen, weil die Gemeinde die Miete für sein Haus nicht bezahlt. Aber dann brachte Gott den Diakon dieser Ge- meinde auf eine Idee. Er hat einen kleinen La- den und wirtschaftet gut. So konnte er für sich und seine Familie ein kleines, drei mal acht Me- ter großes Häuschen bauen. Als er von seinem ehemaligen Arbeitgeber seine Abfindung be- kam, war es ihm möglich, ein schickes Haus mit Wohn- und Esszimmer, Küche und vier Schlaf- zimmern zu bauen. Doch bis heute bezieht er es nicht selbst. Er stellt es dem Pastorenehepaar und ihren acht Kindern zur Verfügung und bleibt selbst im kleinen Häuschen. In der Bibel lesen wir von der Witwe, die ihr letztes Scherflein für das Reich Gottes gibt, und den Reichen, die von ihrem Überfluss geben. Dasselbe erleben wir hier in Sambia, und ich denke, dass es in Deutschland auch nicht viel anders ist. Letztlich kommt es nicht darauf an, wie viel ich habe oder wie viel ich gebe. Alles hängt davon ab, wo mein Herz ist. Wann haben Sie das letzte Mal so viel gegeben, dass Sie sich so richtig darüber freuen konnten? Das ist für mich das Paradoxe am Reich Gottes: Je mehr ich gebe, umso mehr Freude bringt es. Hans-Peter Hertler l Hans-Peter und Britta Hertler leben mit ihren drei kindern in kasama. Sie schulen ehrenamtliche Gemeindeleiter und unterstützen Gemeinden im Norden des landes. Beide absolvierten die Ausbildung am theologi­ schen Seminar der lie­ benzeller mission. zuvor arbeitete hanspeter als Bankkaufmann und layou­ ter. Britta sammelte nach dem Abitur erste missions­ erfahrungen in Bolivien. Wir Deutschen gehen halt nicht zum medizinmann, sondern zur Bausparkasse, zum Versicherungsvertreter oder zur kranken­ zusatzversicherung. vertreter des „Wohlstands- evangeliums“ (prosperity gospel) glauben, l dass gott will, dass seine kinder ein angenehmes leben führen, l dass materieller reichtum, erfolg und gesundheit Zeichen der gunst gottes sind, l dass derjenige, der richtig betet oder religiöse leis- tungen erbringt, von gott belohnt wird. nachfolge, hingabe oder leidensbereitschaft für das reich gottes treten dabei in den hintergrund. 4 5

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