MISSION weltweit – Ausgaben 2017

19 Die Art und Weise, wie ich mit materiellen Gütern umgehe, verrät etwas davon, was mir im Leben wichtig ist, was mich ausmacht, worauf ich Wert lege. Machen wir uns nichts vor: In unserer so stark von Konsum und Geld geprägten westlichen Gesellschaft sind wir zunächst Kinder unserer Zeit. Wir sind Teil eines Wirt- schaftssystems, das von der Profitmaximierung angetrieben wird. Die „Geiz ist geil“-Mentalität macht nicht automatisch vor unserer Haustür halt. Ein Schnäppchen hier, ein Angebot dort. Eine immer ausgeklügeltere Werbeindustrie weckt Bedürfnisse, denen wir uns nur schwer entziehen können. Wie verhalten wir uns in dieser Situation? Wie gehen wir mit dem zunehmenden Materialismus um? Biblische Überlegungen Die biblischen Aussagen zum Umgang mit Besitz bewegen sich zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite steht das dankbare An- nehmen, das Genießen, auf der anderen das Teilen von Gottes gu- ten Gaben. „Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn“, so bringt es das bekannte Erntedanklied auf den Punkt. Der Gott der Bibel ist kein knauseriger, geiziger Despot, der seinen Geschöp- fen nichts gönnt. Im Gegenteil: An der Schöpfung „schmecken und sehen“ wir etwas von Gottes Großzügigkeit, von seinem Ein- fallsreichtum, seiner geradezu verschwenderischen Kreativität. Was Gott uns schenkt, dürfen und sollen wir von Herzen genie- ßen, und gleichzeitig verpflichtet materieller Segen zum Teilen mit den Armen und Notleidenden. Deutlich warnt die Bibel vor den Versuchungen des Reichtums. Wie schnell passiert es, dass der Mensch sein Herz an materielle Dinge hängt. Und wie zerstörerisch kann der Einfluss von Geld und Habgier sein. Martin Luther hat es in seiner Erklärung zum ersten Gebot so ausgedrückt: „Es ist mancher, der meint, er habe alles zur Genüge, wenn er Geld und Gut hat; er verlässt sich darauf und brüstet sich damit, sodass er niemandem etwas gibt. Sieh, ein solcher hat auch einen Gott: der heißt Mammon. Das ist der schlimmste Ab- gott auf Erden.“ Wo irdische Güter an Gottes Platz treten und den Menschen in Sicherheit wiegen, wird der Materialis- mus zur Ersatzreligion. Die Bibel warnt eindrücklich vor dieser Gefahr: „Fällt euch Reichtum zu, so hängt euer Herz nicht daran!“ (Psalm 62,11b). Jesus kriti- siert „materialistisches“ Denken in der Bergpredigt ganz eindeutig: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ (Matthäus 6,19–21). Es geht also um eine ausgewogene, gesunde Hal- tung zu materiellen Dingen. Wenn der erste Platz in meinem Leben vom Streben nach Geld und Gut besetzt ist, wird das Auswirkungen haben in alle Lebensbereiche hinein. Gehört die- ser Platz aber Jesus Christus und seinem ewigen Reich, werde ich meine irdischen Güter dazu gebrauchen, dass Gott geehrt weiterdenken >> sonderbeitrag von martin kocher und sein Reich ausgebreitet wird. Mein Besitz wird eine die- nende Funktion haben. Ich muss ihn nicht laufend vermeh- ren und krampfhaft zusammenhalten. Nein, ich kann das, was Gott mir in seiner Güte schenkt, großzügig und freigiebig ein- setzen, um mein Leben nach Gottes Willen zu gestalten. Selbst Zeiten des Mangels und der Einschränkung können dann ohne Bitterkeit angenommen werden. Wohl dem, der mit Pau- lus sagen kann: „Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; ich bin in allen Dingen und bei allen geschickt, beides, satt sein und hungern, beides, übrig haben und Mangel leiden“ (Philipper 4,12). Praktische Anregungen 1 | Mein Leben als Geschenk begreifen Materialisten drehen sich um sich selbst. Sie denken, dass sie einen Anspruch auf die Erfüllung ihrer Bedürfnisse haben. Kon- sum wird zur Selbstverständlichkeit. – Wer sein Leben dagegen als Geschenk begreift, entwickelt eine Haltung der Dankbarkeit. Er schätzt die Güter, die Gott in sein Leben hineinlegt. Er muss sich nicht gierig nach immer mehr ausstrecken. Er ist zufrieden mit den großen, aber auch mit den kleinen Dingen, die er emp- fängt. Er definiert sich nicht vor allem durch Leistung und Erfolg. Wertschätzung und Freude über das Empfangene prägen sein Denken und sein Tun. Konkret: Feiern Sie regelmäßig „Bescherung“! Nehmen Sie sich Zeit, innezuhalten und bewusst für die Geschenke zu danken, die Gott ihnen gemacht hat. Der Sonntag bietet dazu eine gute Gelegenheit, ist er als Ruhetag doch selbst eines der großen Geschenke des Schöpfers an seine Geschöpfe. 2 | Großzügigkeit einüben Die Großzügigkeit reifer Christen in meiner Umgebung hat mich als junger Mensch sehr geprägt. Die Art und Weise, wie sie mit ihrem Besitz und Geld umgingen, hat mich beeindruckt: Eine Familie kümmerte sich besonders um die Obdachlosen in unserer Stadt. Regelmäßig wurden sie besucht und großzügig beschenkt. An Weihnachten wurden erst diese „Penner“ beschert und dann die eigene Familie. Ein Unternehmer stellte großzügig seine Fahrzeu­ ge und auch immer wieder viel Geld für unsere Ju- gend- und Gemeindearbeit zur Verfügung. Diese „fröhlichen Geber“ haben mich angesteckt! Als Liebenzeller Mission leben wir von vielen großzügigen Gebern. Wo wären wir heute ohne eine Frau Hilda von Diest, die uns als wohlhaben- de Kaufmannstochter und Ehefrau eines General- leutnants vor über 100 Jahren den Missionsberg geschenkt hat! Oder das ältere Ehepaar, das uns 2008/2009 völlig überraschend die Erweiterung des Missions- und Schulungszentrums (MSZ) ermöglichte – und das inmitten der Bankenkrise! Auch schon der Bau des MSZ Jahre zuvor wäre ohne die Freigiebigkeit vieler Missionsfreunde nicht möglich gewesen. Die laufende Missionsarbeit wäre undenkbar ohne die An der Schöpfung „schmecken und sehen“ wir etwas von Gottes Großzügigkeit, von seinem Einfallsreich­ tum, seiner geradezu verschwenderischen Kreativität. „Zeige mir deinen Besitz, und ich sage dir, wer du bist!“ Auch wenn diese Aussage sehr vereinfacht, steckt in ihr doch ein Stück Wahrheit. Denn was ich besitze, prägt mich. mission weltweit 3–4/2017

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