10 darum geht’s deutschlaNd Dass das gemeinsam besser geht, finden viele Frauen, derenMänner zur LiebenzellerGeschwisterschaftgehörten.Vor15Jahrenhattediebereits mit 51 Jahren verwitwete Margarethe Geissinger die Idee eines „Witwentreffens“. Eingeladen wurden Frauen, deren Männer die theologische Ausbildung auf demMissionsberg absolviert und später bei der Liebenzeller Mission oder anderen christlichen Werken tätig gewesen waren. Seither treffen sich jährlich Mitte Oktober rund 20 Witwen in den Christlichen Gästehäusern Monbachtal. Auch sonst hält man Verbindung durch Besuche, gemeinsame Unternehmungen und Anrufe. Die Gemeinschaft mit Frauen in einer ähnlichen Situation ist wohltuend – auch wenn es manchmal seine Zeit braucht, bis man zum Treffen kommen kann. Ich habe nicht mehr den Menschen … Die Frauen haben unterschiedliche „Rezepte“, wie sie mit der plötzlichen Isolation umgehen. EineWitwe in den Sechzigern sagt bewusst nicht: „Ich habe keinenMenschen“, sondern: „Ich habe nichtmehrdenMenschen“, denn „sogutwiemein Mann kennt mich jetzt nur noch Jesus. Unser gemeinsamer Weg als Ehepaar ist für mich gegenwärtig. Aber ich kann nicht nur von der Geschichte leben, mein Leben geht weiter.“ Die Einsamkeit öffnet den Blick für andere Menschen: „Seit ich alleine bin, bete ich mehr für Alleinstehende, denen nie jemand die Hand gedrückt hat – oder für Geschiedene, die am Rand stehen.“ Mehrere Frauen besuchen alte Menschen im Pflegeheim und kehren erfüllt von dort zurück. „Wir müssen raus aus unserem Bau“, ermutigt eine couragierte Rentnerin, die ihr Betätigungsfeld bei Seniorennachmittagen gefunden hat. Bereits ein Anruf mit der Frage: „Was machst du gerade?“, habe sie wieder „ins Leben zurückgeschubst“, erinnert sich eine andere. Auch die Gefahren des Alleinseins kommen zur Sprache. Eine Frau fasste den bewussten Vorsatz, „nicht eifersüchtig auf die zu sein, die sich noch haben, sondern sich mit ihnen darüber zu freuen. Sie können ja nichts dafür, dass Gott mich so geführt hat.“ Vor allem die einsame Zeit nach schönen gemeinsamen Erlebnissen fordere heraus. Dann erinnert sich eine Frau an die Zusage, dass Gott ein Vater der Waisen und ein Helfer der Witwen ist (Psalm 68,6). Eine Seniorin hat sich vorgenommen: „Wenn ich alleine bin, trinke ich keinen Alkohol!“ Die Suchtgefahren für Ältere seien besonders hoch. Eine andere meint trocken: „Der Fernseher hat einen Knopf zum Ein- und Ausschalten.“ … aber andere, die mich in den Arm nehmen „FehlendeUmarmungenwarenfürmichnachdem Tod meines Mannes schlimmer als das fehlende Gespräch“, erinnert sich eine Frau. Als ihre Tochtermeinte:„Mama, das kannman lösen!“und sie in die Arme schloss, habe das einfach gutgetan. Positiv sei, dass man sich in der Geschwisterschaft mittlerweile „auch mal in den Arm nimmt“. Manche Verwitwete wollte nichts mit Ehepaaren zu tun haben – aus Sorge, dass es falsch interpretiert werden könnte. Doch dadurch würde man sich selbst Kontakte verbauen, warnt eineWitwe. Nüchtern stellt eine andere fest: „Selbst wenn sie es wollen, Verheiratete können nicht mitfühlen, wie das ist, verwitwet zu sein.“ Manche Frauen erleben, dass Ehepaare nicht immer das nötige Taktgefühl zeigen, wenn Singles zugegen sind. Diese empfinden das Alleinsein dann umso deutlicher. Einig sind sich die Frauen, dass man sich vornehmen muss, sich wieder zu freuen, fröhlich zu seinundnicht inderVergangenheit zu leben. Und dass man selbst Kontakte halten muss und „nicht warten soll, bis andere auf einen zukommen.“ ● Wir schaffen das – gemeinsam! „können wir das schaffen?“ diese Frage stellt sich immer wieder in der kinderserie „Bob, der Baumeister“. „kann ich das schaffen?“, fragen Verwitwete, die nach dem tod des partners alleine weiterleben müssen. Das jährliche Treffen im Herbst im Monbachtal ist ein Höhepunkt für die Frauen. die Geschwisterschaft ist ein Netzwerk von männern und Frauen, die bei der liebenzeller mission ihre theologische ausbildung absolviert haben oder bei der lm mitarbeiten. Je einsamer jemand ist, desto deutlicher hört er die Stimme Gottes. leo tolStoI monika Weinmann, redaktion „mission weltweit“, erlebte viele mutige Frauen beim „Witwentreffen“. foto: pRIVat
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