MISSION weltweit – Ausgaben 2019

darum geht’s frankreich 6 In Frankreich ist das Elterngeld nicht einkommensabhängig und deshalb für viele eher gering. Es ist hier „normal“, dass ein Baby nach Ende des Mutterschutzes mit zehn Lebenswochen in die Krippe oder zu einer „Nounou“ (eine Art Tagesmutter) kommt. Die Begründung ist meistens: das Geld. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich hört man oft Sätze wie: „Wir bauen gerade, da brauchen wir das Geld.“ Oder: „Ich möchte meinem Kind doch etwas bieten können, ohne Geld geht das nicht!“ Im selben Atemzug folgt oft der Satz: „Ich liebe mein Kind über alles, aber es geht einfach nicht anders, wir sind auf meinen Verdienst angewiesen!“ Auch meine eigene Mutter hat kurz nach meiner Geburt entschieden, wieder arbeiten zu gehen, was vor knapp 40 Jahren noch recht untypisch war. Somit bin ich bei meinen Großeltern aufgewachsen. Im Nachhinein betrachtet bin ich dankbar für diese behütete Zeit. Nichtsdestotrotz erinnere ich mich daran, dass ich mir als Kind mehr Qualitätszeit mit meinen Eltern gewünscht habe. Großeltern, eine Tagesmutter oder gar Erzieher können Eltern nicht ersetzen. An unseren eigenen Kindern sehe ich inzwischen, wie gut ihnen gemeinsame Zeit mit uns tut. Sie brauchen kein eigenes Haus, keine großen Geschenke und auch keine Eltern, die viel Geld mit nach Hause bringen. Durch unsere Kinder wurde mir bewusst: Kinder brauchen Liebe und Zeit. Liebe von ihren Eltern, die mit keinem Geld der Welt zu bezahlen ist. Als Mutter möchte ich nicht aus dem Blick verlieren, dass ich zuerst meinen Kindern diene und dann erst einem potenziellen Arbeitgeber – nicht umgedreht. Karriere, Geld und Ansehen In meiner Familie hatte ich schwäbische Tugenden gelernt, ganz nach dem Motto: „Ohne Fleiß kein Preis!“ Also hielt ich mich daran. DiplomBetriebswirtin wurde ich drei Jahre nach dem Abitur, nochmals drei Jahre später hatte ich den Abschluss zur Diplom-Handelslehrerin. Es folgte das Referendariat an einer Berufsschule, wiederum drei Jahre später leitete ich die zweitgrößte Berufsgruppe der Schule mit etwa 15 Klassen. Parallel dazu war ich ehrenamtlich engagiert. In der evangelischen Kirchewurde ichmit 21 Jahren die jüngsteKirchengemeinderätin, impolitischen Bereich war ich bis auf Bundesebene engagiert. Die „Karriere“ in unterschiedlichsten Bereichen hatte auch finanzielle Auswirkungen. Oberflächlichbetrachtet könntemannun fromm, aber beabsichtigt provokativ resümieren: „Diese Frau hat so viel Gutes für unsere Gesellschaft getan, sie hat sich mit Leib und Seele eingesetzt und für das Gute gekämpft. Ihren Zehnten hat sie auch gegeben und damit sogar die Mission unterstützt.“ Niemand kann zwei Herren dienen Einige Jahre später – nachdem ich Jesus erlaubt habe, nicht nur oberflächlich auf meine Taten, sondern tiefer in mein Herz zu schauen – hat er mir Folgendes gezeigt: Glück, Erfüllung und Zufriedenheit im Leben können niemals von Status, Geld oder Besitz abhängig gemacht werden. Alle drei befriedigen nur kurzfristig und dürfen niemals vor Gott selbst stehen. Ich habe sie aber teilweise zu Götzen in meinem Leben werden lassen, obwohl ich wusste und es schon oft gelesen hatte: „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ (Matthäus 6,24) MarilynMonroe soll einmal gesagt haben: „Karriere ist etwas Herrliches, aber man kann sich nicht in einer kalten Nacht an ihr wärmen.“ Nachdem ich Nick kennen- und lieben gelernt hatte, fiel mir die Entscheidung, Karriere, Geld und Ansehen hinter mir zu lassen, nicht mehr sehr schwer. Nikolai („Nick“) und Claudia Bolanz leben mit ihren beiden Kindern Luca (4) und Joy (3) seit Sommer 2018 in Montpellier/Südfrankreich, um dort eine Gemeinde zu gründen. Nick studierte Theologie (B.A.) am Seminar der Liebenzeller Mission, war danach in Berlin Teil eines Gemeindegründungsteams und leitete anschließend die „Oase im Reitbahnviertel“ in Neubrandenburg. Claudia ist Lehrerin und ausgebildete Lebensberaterin. Seit 2013 unterstützt sie Nick bei der Gemeindegründung. Heimliche Götzen, die es zu besiegen gilt In Frankreich beziehen rund 75 Prozent aller Eltern maximal zwei Monate lang das Elterngeld. Danach gehen sie wieder arbeiten, meistens in Vollzeit. In Deutschland wird das Elterngeld von prozentual ebenso vielen Eltern durchschnittlich ein Jahr lang bezogen. Warum ist das so? Ich habe nicht den Eindruck, dass den Franzosen ihre Kinder weniger wichtig sind. Es scheint oft am lieben Geld zu liegen.

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