14 darum geht’s interkulturelle teams deutschland Sie fährt fort: „Zwei Straßen weiter hatte eine Bombe eingeschlagen. Schwarze und weiße Schwaden erfüllten die Luft. Ich konnte kaum atmen vor lauter Staub und Dreck. Ich wusste: So schnell wie möglich sollte ich in den Keller. Aber gleichzeitig schoss es mir durch den Kopf: ‚Gleich werde ich sterben. Ich muss gar nicht mehr rennen. Ich sterbe sowieso.‘ Todesangst erfüllte mich. Trotzdem setzten sich meine Beine in Bewegung, und ich floh in den Keller hinab, wo sich schon meine Familie befand. Während wir dort zusammengekauert saßen und um unser Leben bangten, erbebte das ganze Haus stärker, als wir es je zuvor erlebt hatten. Wenige Minuten, nachdem ich die Wohnung verlassen hatte, schlug eine Bombe in unser Schlafzimmer ein.“ Hier muss ich keine Angst mehr haben Die Mutter des Mädchens berichtet mit Tränen in den Augen: „Es war so schlimm. Wir saßen oft im Keller: Ich hatte meine drei Kinder im Arm. Sie weinten vor Angst. Meine Älteste weinte oft noch lange, nachdem der Angriff zu Ende war. Ich werde das nie vergessen. Manchmal hörte ich die Bombenangriffe, während ich an meinem Arbeitsplatz in einer Bank war. Ich hatte große Angst ummeine Kinder, die zu Hause oder in der Schule waren. Hier in Deutschland ist es gut. Ich kann meine Kinder auch mal alleine zu Hause lassen. Hier muss ich keine Angst mehr haben.“ Ums Leben rennen Dann erzählt wieder ihre Tochter: „Einmal war ich in der Schule bei einer Prüfung. Ich hatte zu Ende geschrieben und verließ das Klassenzimmer. Mit meiner Freundin stand ich an eine Tür gelehnt. Auf einmal fielen wieder Bomben. Die Tür wackelte so sehr, dass wir fast hinfielen. Voller Angst warteten wir. Nachdem längere Zeit keine Bomben mehr gefallen waren, sagten die Lehrer, wir könnten nach Hause gehen, wenn wir wollen. Also machten meine Freundin und ich uns auf den Heimweg. Doch dann hörten wir den nächsten Angriff. Wir schrien, weinten und rannten los. Wir suchten Schutz unter Balkonen und in Hauseingängen, rannten von einem zum nächsten. Ich hatte Todesangst, aber wir schafften es zu mir nach Hause, wo wir – mit meiner Fami- lie vereint – das Ende des Angriffs abwarteten.“ Wie nimmt man Abschied? Während Mutter und Tochter ihre Geschichte erzählen, staune ich: Es ist wirklich ein Wunder, dass sie noch am Leben sind! Viele ihrer Verwandten und Freunde haben wegen des Krieges Arme, Beine oder das Gehör verloren. Einige wurden sogar getötet. „Der älteste Sohn meiner Tante wurde erschossen“, berichtete die Mutter. „Seine Frau und die beiden Kinder leben jetzt in Australien.“ Foto: sarah zinser „Eigentlich müsste ich tot sein“, erzählt mir ein syrisches Mädchen im Teenageralter, als wir bei Tee und Kuchen in der Wohnung der Familie in den Hoffnungshäusern in Bad Liebenzell zusammensitzen. „Ich stand in unserer Wohnung in Syrien an der Balkontür und schaute auf die Straße. Plötzlich hörte ich einen ohrenbetäubenden Lärm, und die Scheibe vor mir zersprang in tausend Teile.“ Gott wartet auf mich!
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