15 missiOn weltweit 11–12/2019 interkulturelle teams deutschland darum geht’s Ich frage mich, ob in Kriegszeiten noch Platz ist, um Abschied zu nehmen von den Toten? Wie verabschiedet man sich in Syrien? Die beiden HoffnungshausBewohnerinnen berichten mir, dass sich die Christen in ihrem Land ähnlich verabschieden, wie wir das in Deutschland kennen. Man geht in die Kirche oder eine Friedhofshalle, zündet Kerzen an und betet. In Syrien sind die Kerzen ein Zeichen dafür, dass man den Toten nicht vergessen hat. Der Pastor bittet Gott, den Toten anzunehmen und ihm ein gutes Leben im Himmel zu geben. Der Verstorbene liegt auch in Syrien in einem Sarg und wird dann beerdigt. Die Frauen sind schwarz gekleidet, während die Männer nicht unbedingt schwarze, aber Kleidung in gedeckten Farben tragen. Vor dem Krieg baute man auf der Straße ein dunkelgrünes Zelt auf. Die Erwachsenen trafen sich dort und tranken Kaffee ohne Zucker. Es brannte ein Feuer in einer Feuerschale. Seit Kriegsbeginn ist dieser Brauch nicht mehr möglich, deshalb treffen sich die Menschen in den Häusern und trauern dort gemeinsam. Oft wird ein großes Bild des Verstorbenen im Wohnzimmer aufgehängt. Die Menschen wollen die Erinnerung wachhalten. Wenn sie das Bild ansehen oder auf den Friedhof gehen, dann sprechen sie mit den Toten. Was syrische Christen über Verstorbene glauben Das Mädchen erklärt: „Ich glaube, dass die Verstorbenen uns hören. Sie sind oben, aber wir können trotzdem mit ihnen sprechen. In Syrien flogen manchmal weiße Schmetterlinge in unser Haus. Wir glauben, dass das zum Beispiel meine schon verstorbene Oma ist. Wir freuen uns, sie zu sehen und sprechen mit den Schmetterlingen, als wäre unsere Oma tatsächlich da.“ „Wie stellt ihr euch das Leben nach dem Tod vor?“, frage ich Mutter und Tochter. „Man geht nach oben in den Himmel. Alle kommen in den Himmel, weil Gott alle Menschen liebt“, glauben beide. „Ich stelle mir den Himmel weiß vor“, sagt das Mädchen. „Weiß ist die Farbe, die glücklich macht. Und im Himmel sind wir glücklich.“ Die Mutter dagegen erklärt: „Ich weiß nicht, wie es dort aussieht. Aber Gott wartet auf mich. Er ist immer bei mir. Mit ihm kann ich über alle Probleme reden.“ Wie stelle ich mir den Himmel vor? Ich muss an goldene Straßen und prunkvolle Tore der goldenen Stadt denken, wie sie die Bibel in der Offenbarung erwähnt. Außerdem habe ich ein Bild aus einer Kinderbibel vor Augen: Alte und junge Menschen spielen an einem Fluss. Sie genießen die leckeren Früchte im Schatten eines Baumes. Ein Junge spielt mit einem Löwen. Die Menschen sind zufrieden und fröhlich miteinander. Es ist ein Bild, das Frieden ausdrückt, eine heile Welt, nach der wir uns hier auf der Erde so oft sehnen. Ich bin so dankbar, dass dies nicht nur ein Bild aus einem Kinderbuch ist, das mir ein gutes Gefühl geben soll. Nein, es ist ein Ausdruck dessen, was die Bibel unter anderem in Offenbarung 21,4 lehrt: „Er wird alle ihre Tränen abwischen, und es wird keinen Tod und keine Trauer und kein Weinen und keinen Schmerz mehr geben. Denn die erste Welt mit ihrem ganzen Unheil ist für immer vergangen.“ Der Himmel ist ein Ort des Friedens und der Freude – und viel mehr noch: Dort wohnt Gott in Ewigkeit bei seinen Kindern: „Siehe, die Wohnung Gottes ist nun bei den Menschen!“ (Offenbarung 21,3) Auch wenn einige der Vorstellungen der beiden HoffnungshausBewohnerinnen nicht mit der Bibel übereinstimmen, so hat die Mutter doch etwas sehr Zentrales verstanden: „Gott wartet dort auf mich!“ Sarah Zinser l tobias und Sarah Zinser haben vier Kinder und waren von 2012 bis 2015 als Entwicklungshelfer in Afghanistan tätig. Seit 2016 arbeiten sie unter Geflüchteten in Bad Liebenzell. Seit 2018 sind sie Projektleiter der Hoffnungshäuser Bad Liebenzell. uns Mitarbeitern ist wichtig, dass der Glaube in Wort und Tat zu einer Begegnung mit Gott einlädt. Wir wiederum lernen von der Hilfsbereitschaft der Geflüchteten, ihrem respekt vor dem Alter und ihrer Gastfreundschaft. Man hat nie das Gefühl, dass man ungelegen kommt. ToBIAS zINSEr Die Hoffnungshäuser Bad Liebenzell sind eine initiative der hoffnungsträger stiftung aus leonberg mit der liebenzeller mission als lokalem partner. sie wurden im Februar 2018 eröffnet. aktuell leben in den beiden häusern 48 bewohner aus sieben nationen: vorwiegend geflüchtete, aber auch studenten der internationalen hochschule liebenzell und als mitarbeiter das leiterehepaar tobias und sarah Zinser und die angehende sozialarbeiterin hanna keppler. das integrative Wohnkonzept der hoffnungshäuser bietet hilfe zur selbsthilfe und erleichtert durch die intensiven beziehungen und angebote die integration der geflüchteten. die meisten von ihnen stehen mittlerweile in einem arbeitsverhältnis und haben kontakte zu den menschen vor Ort. Mithelfen: SPENdENCodE 1064-32 Interkulturelle Teams FoTo: ToBIAS zINSEr
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