MISSION weltweit – Ausgaben 2019

12 darum geht’s sambia Aber das ist eher ein harmloses Vorurteil. Allerdings wurde es nicht schlimmer, wir konnten uns nicht beklagen. Ich hätte mir ja fast gewünscht, dass mal jemand mit hochrotem Kopf auf mich zukommt und brüllt: „Ihr seid doch Kulturimperialisten, religiöse Fanatiker, die friedlichen Menschen ihre Weltordnung durcheinanderbringen und ihnen die Vorstellungen des christlichen Abendlandes überstülpen!“ Aber das ist bis heute nicht passiert – und das ist vielleicht auch gut so. Trotzdem habe ich versucht, das Wort Missionar im säkularen Kontext zu vermeiden. Nicht, weil ich mich schäme oder Angst habe, sondern weil der Begriff nicht eindeutig definiert ist und sich jeder seine eigene Deutung zurechtbastelt. Also habe ich meistens gesagt: „Ich lebe in Sambia und arbeite dort in einem einheimischen Kirchenverband mit. Ich schule und begleite Mitarbeiter und Leiter in den Gemeinden vor Ort.“ Damit hatte keiner ein Problem. Meine Erfahrung war: Auch oder weil ich nicht sofort von Jesus rede oder meinem Gegenüber nicht gleich das Thema Mission entgegenwerfe, wird nachgefragt. Meine Vorstellung hat immer wieder die Tür zu guten Gesprächen geöffnet. Wann trifft man schon mal so einen Verrückten, der mit seiner ganzen Familie in Sambia lebt … Oft hatten wir die Chance, die Botschaft von Jesus ganz natürlich zu bezeugen. Vor allem meine Frau hat eine wahre Leidenschaft für diese Art von Gesprächen entwickelt. Das Prachtexemplar? Ich war im Heimataufenthalt viel unterwegs und habe in Gemeinden berichtet. Manchmal war es mir schon fast peinlich, wenn ich in Kinderstunden als „der Missionar“ vorgestellt wurde. So ein christliches Prachtexemplar zum Anschauen und Anfassen. Diese Einschätzung konnte meistens schnell behoben werden. Denn auf die Frage: „Was ist ein Missionar?“, kam mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit die Antwort: „Einer, der anderen von Jesus/Gott erzählt.“ Damit war alles klar, denn diese „Aufgabenbeschreibung“ macht jeden guten Religionslehrer und Jungscharleiter zu einem Missionar – und genau so hat Gott sich das auch vorgestellt! Die Ansichten in Deutschland sind also nicht unser Problem, dort sind wir mit den „Vorurteilen“ recht gut klargekommen. Das Schöne ist: In Sambia ist das nicht anders. Ein Kollege sagte mal: „Wenn du Dieb werden willst, dann musst du das in Sambia als Weißer machen.“ Er wollte nicht das achte Gebot aufheben, sondern den großen Vertrauensvorschuss zum Ausdruck bringen, den weiße Haut mit sich bringt. Ich hatte einmal meinen Geldbeutel vergessen. Der Tankwart meinte: „Ist kein Problem, du kannst jetzt tanken und dann später bezahlen.“ Auf diese Idee würde er bei seinen Landsleuten vermutlich nicht kommen. Bei Begebenheiten im Alltag merkt man immer wieder, welch hohes Ansehen Missionare im Land genießen. Deshalb sind auch die Aufkleber des Kirchenverbands auf den Fahrzeugtüren eine große Hilfe bei den alltäglichen Polizeikontrollen. Den meisten Polizisten ist klar: Wir können sie zwar mit einem Bußgeld belegen, aber wir werden wohl kein Geld für die eigene Tasche bekommen. Manchmal reicht allein das, um nicht behelligt zu werden. Der nächste Geschäftsmann kommt bestimmt gleich um die Ecke und wird das Problem auf schnelle und „unbürokratische“ Weise lösen wollen. Partnerschaft, nicht Vormundschaft Ich kann mich also beim besten Willen nicht darüber beschweren, dass ich unter Vorurteilen leide, die auf meine Rolle als Missionar zurückHans-Peter und Britta Hertler sind im Januar 2019 mit ihren drei Kindern zum dritten Einsatz nach Sambia ausgereist. Nach zehn Jahren in der Schulung von ehrenamtlichen Gemeindeleitern im Norden übernehmen sie die Teamleitung. Dazu gehört die enge Zusammenarbeit mit der einheimischen Partnerkirche. Beide absolvierten die Ausbildung am Theologischen Seminar der Liebenzeller Mission. Hans-Peter arbeitete zuvor als Bankkaufmann und Layouter. Britta sammelte nach dem Abitur erste Missionserfahrungen in Bolivien. Der genialste „Job“der Welt Wir waren im vergangenen Jahr im „Heimataufenthalt“. Als ich bei einem lokalen Radiosender auf diese Bezeichnung bestanden habe, musste der Sprecher seine Anmoderation dreimal aufnehmen. Es war undenkbar für diesen Mann, dass ein Missionar in seiner Heimat nicht im „Urlaub“ ist. Teamwork: Zusammen kann man mehr erreichen. Helfer beim Umzug von Familie Hertler von Kasama nach Ndola.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzg4OTA=