22 weiterDenKen >> SoNDErBEITrAG VoN dr. toBias sChuCKert sagt, wäre kein großer Morallehrer. Entweder war dieser Mensch Gottes Sohn oder er war ein Narr oder Schlimmeres. Man kann ihn verachten oder als Dämon töten. Oder man kann ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber man kann ihn nicht mit gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht, diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen.“ Ist das nicht gefährlich? Ist das nicht wieder so ein Satz, der Religionskriege hervorruft? Jeder könnte das sagen. Papier ist doch geduldig. Ist Jesus nicht auch so ein Scharlatan, der sich selbst total überschätzt? Mit dieser Frage muss ich mich als Missionar auseinandersetzen: Warum ist Jesus für mich so einzigartig? Für mich (und ich glaube auch für die Schreiber des Neuen Testaments) ist die Auferstehung Jesu das maßgebliche Kriterium. Wenn das Grab nicht leer ist, dann ist auch Mission leer und nutzlos. Wenn Jesus tot geblieben wäre, dann ist er ein Religionsstifter wie jeder andere. Dann treten wir lieber in den Wetteifer aus Lessings Ringparabel und beweisen durch unsere Taten und Leben, dass das Christentum besser ist. Wenn Jesus auferstanden ist, dann ist an Ostern eine neue Zeit angebrochen. Dann hat der Tod nicht das letzte Wort. Dann hat das Evangelium von Jesus Christus eine universale Bedeutung für alle Menschen. Die leibliche Auferstehung Jesu in Zeit und Raum wird so zum Dreh- und Angelpunkt der Mission. Paulus schreibt an die Korinther: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.“ (1. Korinther 15,14). Mit anderen Worten: Ist Christus nicht auferstanden, dann ist alle Hoffnung, die ich in die Person Jesus lege, sinnlos. Dann brauche ich keine Bibel mehr und alles, was ich als Missionar getan habe, war umsonst – Geld und Zeitverschwendung. Aber weil Jesus von Nazareth um das Jahr 33 in Jerusalem auferstanden ist und das Grab leer ist, ist das Evangelium die Frohbotschaft, die allen Menschen gilt. Jede Minute, jeder Cent, den wir geopfert haben, war besser angelegt, als wir es uns je hätten träumen lassen. Mission wird somit zum Vorreiter für Religionsfreiheit. Denn nur wer informiert ist, kann sich wirklich entscheiden. Um bei der Ringparabel zu bleiben: Keiner der Söhne hatte die Wahl, jeder musste bei seiner Religion bleiben. Mission jedoch macht eine Entscheidung möglich, für oder gegen den Glauben. Dies führt uns jedoch zu einem weiteren Vorwurf, der noch einmal auf den Inhalt der Mission abzielt. 3. „taten sind wichtiger als die Verkündigung.“ Dieser Vorwurf wird häufig begründet mit einem Zitat von Franz von Assisi: „Predige das Evangelium zu jeder Zeit und wenn nötig, gebrauche dazu Worte.“ Das klingt ja auch logisch. Als Christ will ich, dass mein Leben deckungsgleich ist mit dem, was ich sage. Das muss zueinander passen. Ich will kein Heuchler sein, der Wasser predigt und Wein trinkt. Auch will ich meine soziale Verantwortung in dieser Welt wahrnehmen. Ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, dass ich das künftige Seelenheil der Menschen wichtig genommen, aber mich vor den großen Herausforderungen unserer Zeit gedrückt habe. Mission muss Antworten geben auf die Frage nach dem Klimawandel, nach den Flüchtlingsströmen sowieso. Während unserer Zeit in der Gemeindegründung in Ome/Tokio wurde ich angefragt, ob ich bereit wäre, ein Programm für Kinder zu gestalten, deren Eltern nachmittags nicht zu Hause sind. Die Stadtverwaltung bat mich, in ihren Räumen mit den Grundschülern Völkerball und anderes zu spielen. Ich fragte, ob ich den Kindern auch biblische Geschichten erzählen dürfte. Dies wurde mir jedoch mit Hinweis auf die weltanschauliche Neutralität der Stadt untersagt. Damals war ich sehr enttäuscht, ich wollte doch das Evangelium verkündigen! Aber war das nicht auch egoistisch? Ich musste mich hinterfragen: Bin ich bereit, auch dann Menschen zu helfen und ihnen zur Seite zu stehen, wenn ich nicht gleich „die Botschaft an den Mann“ bringen kann? Mein Entschluss: Ich will bereit sein, Menschen mit Taten zu lieben, ohne die Bedingung aufzustellen, dass sie in die Gemeinde kommen oder Christen werden. Denn durch tätige Liebe ist die Gemeinde Jesu aufgerufen, die bedingungslose Großzügigkeit Gottes zu verkörpern, egal, wie das Resultat ist. Zu helfen und zu lieben, auch wenn die Besucherzahlen im Gottesdienst gleich bleiben. Ich bin froh, dass ich damals die Anfrage angenommen habe und drei Jahre lang jeden Mittwoch mit Kindern gespielt habe, die sonst alleine gewesen wären. Als Gemeinde Jesu sind wir herausgefordert, den Menschen Brot zum Leben zu geben. Doch dabei werde ich nicht stehen bleiben. Umweltbewusst leben, sich um Flüchtlinge kümmern, Krankenhäuser aufbauen, soziale Missstände in Städten angehen und TsunamiBetroffenen ein offenes Ohr schenken, all das können Buddhisten, Muslime und selbst Atheisten auch. Aber was nur Christen können: Jesus verkündigen. Wir geben den Menschen Brot zum Leben, und wir geben ihnen das Brot des Lebens. Das bedeutet ganzheitliche Mission: Wir streben danach, das Leben in dieser Welt zu verbessern und tun gleichzeitig alles dafür, den Menschen von der Hoffnung weiterzusagen, die über die Grenze des Todes hinausgeht. Das Erste geht mit Taten. Für das Zweite, das Ewige, braucht Mission die Verkündigung des Wortes Gottes, das Evangelium. Das Evangelium wird nie in einem Vakuum verkündigt. Der Missionar wird immer auch seine Kultur, seine Ansicht vom Leben mitbringen. Genau das wird im vierten Vorurteil aufgegriffen: Jeder Einfluss von außen zerstört Elemente der jeweiligen Kultur. Das liegt daran, dass Kulturen ständig im Wandel sind. Schintoistische Zeremonie: Der Priester reinigt die Besucher des Schreins, damit sie den Gottheiten begegnen können. FoTo: ToBIAS SCHuCKErT
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