MISSION weltweit – Ausgaben 2020

17 deutsChland darum geht’s Seit meinem ersten Kontakt mit Chinesen berührt mich diese immer wieder. Eigentlich dachte ich, ich wäre sehr gastfreundlich. Doch die chinesische Gastfreundschaft lehrte mich so manches und erweiterte meinen Horizont. Wenn Chinesen einen Gast empfangen, werden weder Kosten noch Mühen gescheut. Es wird viel und lecker gekocht – auch über das vorhandene Budget hinaus. Der Gast ist einem etwas wert. Es ist auch selbstverständlich, dass er für seinen wohlverdienten Mittagsschlaf den besten Schlaf- platz bekommt. So durfte ich die Mittagspause schon auf dem Bett eines Großvaters, einer Rek- torin oder einer guten Freundin verbringen. Wann hat das letzte Mal auf Ihrem Bett ein Fremder geruht? Vor allem eines lernte ich als Gast in chinesi- schen Haushalten: Gastfreundschaft heißt nicht nur, Haus und Hof für jemanden zur Verfügung zu stellen – sie bedeutet auch: sein eigenes Herz zu öffnen. Meine chinesischen Gastgeber haben sich die Einladungen nicht nur etwas kosten las- sen, sondern vielmehr ihre innere Haltung gezeigt. Aus ursprünglicher Distanz wur- de Nähe, und aus Fremden wurden Freunde. Das ist für mich der eigentliche Schatz ihrer Gastfreundschaft! Ich frage mich immer wieder: Inwieweit bin ich bereit, anderen mein Herz zu öffnen und sie in mein Leben zu lassen? In den vergangenen Monaten war es durch die Pandemie-Beschrän- kungen lange nicht möglich, Haus und Hof für andere zu öffnen. Doch es gab und es gibt ganz andere, neue Möglichkeiten. Seit Juni lese ich wöchentlich über die Videofunktion meines Handys mit einer Chinesin in der Bibel. Wir kannten uns vorher nicht. Der Kontakt wurde durch den Bibelkreisleiter der Chinesischen Gemeinde Karlsruhe hergestellt. Meine Woh- nungstür kann ich meiner neuen Bekannten vor- erst nicht öffnen, aber ganz klar: mein Herz und mein Leben. Dafür habe ich mich im Vorfeld bewusst entschieden. Ich bin mir sicher, dass diese Offenheit der Schlüssel zu tragfähigen Beziehungen ist, die vieles transportieren können – auch die lebens- verändernden Worte der Bibel. Probieren Sie es doch ebenso mit dem „Schatz der chinesischen Gastfreundschaft“: Öffnen Sie Ihr Herz und tei- len Sie Ihr Leben mit einer Ihnen bislang fremden Per- son. Ich bin mir sicher, Gott wird Sie dabei überra- schen und beschenken! Sarah Bolz l Sarah Bolz gehört zum team, das die impact- kurzeinsätze der lieben- zeller mission vorbereitet und begleitet. daneben engagiert sich die sozial- pädagogin unter chinesen in deutschland. nebenbe- ruflich studiert sie inte- grative Beratung an der internationalen hochschule liebenzell. sarah liebt es, menschen zu begleiten und zu fördern. von 2010 bis 2014 arbeitete sie unter menschen mit Behinderung in china. mehr als haus und hof die äußerst vielfältige chinesische Kultur fasziniert mich. menschen aus China sind, so meine erfahrung, beim ersten flüchtigen Kontakt zwar freundlich, aber zurückhaltend oder sogar distanziert. um eine vertrauensvolle beziehung aufzubauen, braucht man einen langen atem. hat man den, erlebt man ein wunderbares Phänomen: die chinesische gastfreundschaft. l in der chinesischen Kultur ist die einladung zum essen eine Freundschaftsbekundung. l die sitzordnung am esstisch symbolisiert die soziale hierarchie. l der gast kommt nie mit leeren händen, sondern bringt ein angemessenes geschenk mit. dabei sind birnen tabu – das wort klingt in mandarin wie das für „sich trennen“. l in der chinesischen Kultur ist es völlig normal, auch unangemeldet bei anderen vorbeizuschauen. l gastfreundschaft hat einen hohen stellenwert. oft erwartet die gäste eine große auswahl an unterschiedlichen speisen. die gastgeberin entschuldigt sich aber meistens dafür, dass sie so wenig anzubieten hat … Fotos: sArAh Bolz 2013: Sarah bekommt von ihren chinesischen Gastgebern das Beste vom Besten – und sogar das Kinderbett für einen Mittagsschlaf. Entdecker-Bibelstudium mit einer Chinesin via Smartphone

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