MISSION weltweit – Ausgaben 2020

tobias Becker Ein Interview zum thema „Gastfreundschaft“ mit einem Mann … Wie kamen wir wohl auf diese Idee? Weil es um mehr geht als um Deko. Aber im Ernst: So ungewöhnlich finde ich das nicht. Ich kenne einige Männer, die gastfreundlich sind. Manche sogar mehr als (ihre) Frauen. Natürlich ist es auch eine Frage der Möglichkeiten. Ich habe keine Familie, muss also weniger Rücksicht nehmen. Und ich habe Matratzen. Aber es geht ummehr als nur darum, einen Schlafplatz zu bie- ten. Ich habe oft von Gastfreundschaft profitiert und bin jedes Mal beschenkt, wenn jemand sagt: „Da ist der Kühlschrank, hier die Schlüssel – mach es dir gemütlich.“ Wenn man sich nicht nur zu Hause fühlen soll, sondern das auch leben darf. In Amerika hab ich da viel Großzügigkeit erfahren. Wie lebst du Gastfreundschaft? Worauf kommt es dir an? Ich versuche, ein offenes Leben zu leben. In zwei Richtungen. Zum einen will ich offenblei- ben für andere. Zum anderen will ich andere Menschen an meinem Leben beteiligen. Das hat auch mit dem zu tun, was ich bei Jesus entdecke. Da, wo jemand sein Leben mit anderen teilt, werden Menschen verändert. Das hat vor allem mit Zeit zu tun. Ich liebe es, die Geschichten von Men- schen zu hören, dass man über die wichtigen Dinge spricht. Leidenschaft wird sichtbar. Mein Lebensthema ist Gemein- de und das Reich Gottes. Da landen wir oft. Ich bin faszi- niert von Jesus, dessen offene Grundhaltung auch am Kreuz offensichtlich war. In Jesus zeigt Gott seine ausgebreiteten Arme. Alle sind willkommen. Alle! So möchte ich leben, auch wenn das nicht leicht ist. Ich hab mal eine Zeit lang einen jungen Mann mit psychischer Erkrankung beherbergt, der zu Hause rausgeflogen war. Er wohnte in meinem Wohnzimmer. Das war anstrengend – aber rich- tig. Doch wer weiß: Vielleicht hab ich ja einen Engel beherbergt? Und worauf kann man deiner Ansicht nach getrost verzichten? Auf übertriebene Etikette. Ich bin nicht der Typ für akkurat dekorierte Räume. Bei mir geht’s rustikal zu. Ich räume nicht übertrieben auf. Aber ich hab immer Espresso da und auch was für Männerabende. Was macht eine Gemeinde gastfreundlich – hast du dazu ein paar tipps? Gastfreundschaft braucht (geistliche) Wach- heit. Wir müssen uns gegenseitig erinnern. In unserem Studentengottesdienst hatten wir das Motto: „No Friends on Wednesday“ (keine Freunde am Mittwoch). Wir haben den Ablauf so gestaltet, dass wir Gelegenheiten zur Kontakt- aufnahme und -pflege bieten. Es gibt immer eine Kommunikationspause, und die Kaffeebar im Raum ist Standard. Ein schönes Kompliment war mal: „Bei euch hatte ich sofort das Gefühl, dass man dazu gehört.“ Das tat gut. Natürlich ist das mit stromlinienförmigen Men- schen leichter als mit den besonderen. Aber unsere Berufung bleibt. Unsere Arme sollen für alle offen sein. Auch im Gemeindekontext bleibt die Frage: Labert ihr nur fromm oder handelt ihr auch so? In diesem Sinn: Macht die Arme auf! die Fragen stellte monika weinmann, redaktion mission weltweit tobias Becker (51) lebt und arbeitet als Gemeinschafts- pastor und Filmemacher in ludwigsburg. er hat seine theologische Ausbildung in Bad liebenzell gemacht und liebt es, das reich Gottes kreativ mitzugestalten. er reist gerne und entdeckt fremde kulturen. um ihn glücklich zu machen, braucht es eigentlich nicht viel. eine tasse guter espresso, eine thüringer Brat- wurst oder ein gutes steak reichen vollkommen ... Zum Thema dieser

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