MISSION weltweit – Ausgaben 2020

darum geht’s frankreich 4 Solange Dartois beeindruckte alle, die das Vor­ recht hatten, sie kennenzulernen. Verwandte, Bekannte und nicht zuletzt die kleine Gemeinde in Mortagne und Alençon. Wurde ihr Name genannt, war jedem klar: Bei Solange handelt es sich um eine außergewöhnliche Frau! Von Beginn der Gemeindegründung an war sie eine unverzichtbare Stütze und Ermutigung. Unsere Missionare suchten sie regelmä­ ßig auf, und sie betete mit ihnen. Als wir vor dreieinhalb Jahren nach Alençon zogen, hielt sie schon mehr als 20 Jahre lang der kleinen Gemeinde in Höhen und Tiefen die Treue. Wir erlebten „unsere“ Madame Dartois als Gast­ geberin der wöchentlichen Bibelstunde. Gerne traf man sich in ihrer Wohnung und wurde im Anschluss von der inzwischen über 90Jährigen freundlich bewirtet. Dann kam die Nachricht von ihrer Einlieferung ins Krankenhaus. Sie war böse gestürzt, und es ging ihr schlecht. Sie wollte keinen Besuch empfangen. Als ich trotzdem vor­ beischaute, erschrak ich: Sollte es zu Ende gehen? Begrenzter Lebensraum, unbegrenzte Lebensfreude Aber die alte Dame stand wieder auf. Sie wuss­ te: Noch hatte sie eine Aufgabe zu erfüllen. Gott wollte sie noch einmal ganz neu einsetzen. Doch wo war ihr Platz? Wieder zu Hause? Im Alten­ heim? Würde sie es schaffen, ihre Unabhängig- keit aufzugeben? Immerhin hatte sie nach dem Tod ihres Mannes das Transportunternehmen alleine weitergeführt! Unsere Bedenken wurden zerstreut. Im Heim war zwar ihr Lebensraum auf ein Zimmer begrenzt, doch ihre Lebensfreude schien gren­ zenlos. Wie es ihr denn ginge, fragten wir. „Es könnte mir nicht besser gehen“, hörten wir sie jedes Mal sagen. „Es fehlt mir an nichts, ganz im Gegenteil: Ich werde rundum ver­ sorgt, und alle sind so freundlich zu mir!“ Und sie fügte hinzu: „In diesem Zimmer wohnten zuletzt zwei Hundertjährige. Ich weiß nicht, ob ich so alt werde. Sicher ist: Hier habe ich meine letzte Wohnung bezo­ gen; die nächste ist dann die im Himmel.“ Madame Dartois, wie sie leibt und lebt. kindlicher Glaube, der ansteckt Gerne kommen wir die „Mutter im Glauben“ besuchen. So wird sie in der Gemeinde genannt. Da sitzt sie in ihrem Lehnstuhl, umgeben von vielen Büchern: Romanen, Biografien, Andachts- büchern und ihrer Bibel. Unter der zieht sie ihr Gebetsbüchlein hervor. „Sehen Sie, hier sind sie alle verzeichnet, die Personen, mit denen ich zu tun hatte. Die Liste wird immer länger. Jetzt ist das Pflegepersonal hinzugekommen. Jeden Tag bete ich eine Seite durch, ich habe ja Zeit.“ Dann fragt sie nach, wie es diesem oder jenem inzwi­ schen geht. Auch sehr persönliche Anliegen sind bei ihr gut aufgehoben. Wie viele Menschen wohl durch ihre Gebete von Gott gesegnet wor­ den sind?! Zu ihnen gehört Thierry. Er ist einer der langjäh­ rigen Teilnehmer des Bibelkreises. Immer wie­ der kämpft er mit Zweifeln an seinem Glauben und an sich selbst. Sein Arbeitsplatz ist in der Großküche des Alten- und Pflegeheims. Auch ihm bedeutet Solange Dartois viel. Wie gut es Gott mit ihm meint! Nun braucht er nur ein paar Treppen zu steigen, um ihr einen Besuch abzu­ statten. Sie freut sich ebenfalls darüber. Und er verlässt ihre „letzte“ Wohnung jedes Mal fröh­ lich. Der kindliche Glaube an Jesus, den sie mit Thierry teilt, ist ansteckend. „Meine Sorgen bring ich einfach zum Herrn, und ich sage ihm: Hier, sorge du dafür. Dann ist alles in Ordnung.“ Oder: „Gott hält mir seine Ein­ norbert und Susanne Laffin arbeiten seit 1990 in der Gemeindegründung und dem Gemeindeaufbau in Frank- reich. Der erste einsatzort war coutances, seit sommer 2017 sind sie in alençon. mit knapp 30.000 einwohnern ist es die größte stadt im landkreis orne in der region Niedernormandie. Norbert hat nach dem abitur die ausbildung am theolo- gischen seminar der lieben- zeller mission absolviert, susanne ist Krankenschwes- ter. sie haben sechs, zum teil erwachsene Kinder. Diese Frau lebt, was sie glaubt. Und sie erlebt den, an den sie glaubt. die letzte wohnung madame dartois wusste es, und sie sprach ganz fröhlich davon: hier im alten­ heim hatte sie ihre letzte wohnung bezogen; die nächste würde im himmel sein. Alençon in der Niedernormandie, der Einsatzort von Familie Laffin Foto: Norbert laFFiN

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