MISSION weltweit – Ausgaben 2020

frankreich darum geht’s 5 mission weltweit 11–12/2020 kaufstasche voller Geschenke hin und sagt: Bediene dich!“ Man spürt es ihr ab. Diese Frau lebt, was sie glaubt. Und sie erlebt den, an den sie glaubt. Die Idee: Bibelkreis im Altenheim Susanne hat eine gute Idee: „Könnten wir uns nicht einmal im Monat alle bei ihr im Altenheim treffen? Im ‚Familienraum‘ wäre doch Platz!“ Madame Dartois kümmert sich: „An welchem Tag? Ist schon notiert!“ Wenn wir dann anrü­ cken, erwartet sie uns schon mit ihrem Rollator („Mein Mercedes!“). Die andere „Omi“ der Bibelstunde, die auf einer anderen Station lebt, kann auch dazukommen. Und so ist es immer ein Fest, wenn wir „Bibelkreis bei ihr“ haben: singen, beten, die Bibel aufschlagen – und zusammen Kaffee trinken. „Vielleicht kommt ja noch jemand dazu. Wissen Sie: Hier erzähle ich allen von Jesus, ob sie es hören wollen oder nicht.“ Diesmal ist der katholische Kranken­ hausseelsorger mit in unserer Runde. Sie stellt ihn vor: „Ein sehr netter Mann. Wir reden viel über den Glauben. Aber wenn ich nicht mit ihm einig bin, sage ich ihm das frei raus.“ Das Virus erreicht die Station Von den Mitbewohnern hat sich in dieser Zeit keiner einladen lassen. Madame Dartois ist auch nicht 100 geworden. Eines Tages ruft ihre Toch­ ter bei mir an. Sie ist ganz aufgelöst. Das Coro­ na-Virus habe die Station ihrer Mutter erreicht. Auch Pfleger hätten sich angesteckt. Ihrer Mut­ ter gehe es gar nicht gut, inzwischen sei sie posi­ tiv getestet worden. Ein paar Tage erlebe ich unsere Mutter im Glau­ ben noch als „ganz die Alte“. Dann geht es rapi­ de abwärts. Nochmals ein Anruf. Es ist das Han­ dy ihres Pflegers. Solange Dartois möchte mich sprechen. Sie ist nicht mehr stark, sondern sehr schwach geworden. Ich kann mir vorstellen, wie er das Telefon an ihren Mund hält. Um Atem rin­ gend bittet sie: „Monsieur Laffin, beten Sie für mich, es geht mir nicht gut.“ Umgehend sind alle benachrichtigt. Wir bitten Gott inständig um seine Hilfe. Einen Tag später schläft sie friedlich ein. 97 Jahre hat Madame Dartois hier gelebt. Nun ist sie umgezogen. Am darauffolgenden Dienstag versammeln wir uns online. Wir singen wieder eines der Lieder, die wir schon öfter mit ihr „probten“, „damit ihr es bei meiner Beerdigung dann auch könnt!“ Auf dem Bildschirm werden viele Gesichter einge­ blendet: Gemeindeglieder, Freunde, Kollegen, ehemalige Missionare, sogar ihre Enkelin von der Insel Guadeloupe. Alle sind bewegt, jeder möchte etwas beitragen. Manche erinnern sich an ihre praktische Hilfe in jüngeren Jahren, beim Nähen, beim Lesenlernen. In ihrer festen Überzeugung und ihrem beharrlichen Gebet war sie allen ein Vorbild. Vor allem lebte sie in fröh­ licher Dankbarkeit, gerade in ihrer „letzten Wohnung“. Das hat mich am meisten beein­ druckt. Norbert Laffin l Großes Bild: Bibelkreis im Altenheim, Bildmitte hinten: Solange Dartois Links: Besuch von Thierry aus der Küche Rechts: Online-Treffen der Gemeinde Foto: Norbert laffin Foto: Norbert laffin Foto: nicole lÉVÊQUE

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