MISSION weltweit – Ausgaben 2020

7 sambia darum geht’s mission weltweit 11–12/2020 „Aber vor allem müssen die Jungen lernen, uns Alte zu achten. Sie müssen für uns sorgen, damit wir nicht sterben, denn wir sind ihre Lehrer. Auch ich habe alles Wichtige im Leben von den Alten gelernt. Ihre Unterbringung in einem Altenheim wäre für uns undenkbar!“, sagt mir Jessy, Mama Kabundas 60jährige verwitwete Tochter. „Ich hätte damals besser auf den Rat meiner Mutter gehört, bevor ich heiratete. Sie warnte mich vor meinem Freund. Aber ich habe mich mit ihm eingelassen und „musste“ ihn dann eben heiraten. Ich merkte bald, dass sie recht hatte. Nun rede ich mit meiner Nichte, die bei mir wohnt, über solche Dinge, damit es ihr nicht so geht wie mir damals.“ „Früher war es üblich, dass wir uns mit der Jugend zusammensetzten, um sie zu unterwei­ sen“, vertraut mir Jessy an. Sie versteht darunter, dass „die Jungen“ her zitiert werden, um ihnen die Regeln, Pflichten und Gesetze fürs Heran- wachsen aufzutischen. Als „jung“ gelten selbst 35-jährige Erwachsene! Bei diesen Treffen geht es weder darum, aufeinander zu hören, noch darum, die Bedürfnisse der Jugend zu erfahren. Auch wird traditionsgemäß wenig Rücksicht auf die Gefühle der jungen Menschen genommen. Und es ist nicht üblich, dass junge Leute offene oder gar kritische Fragen an Ältere stellen. Vielleicht empfindet es deshalb die 18-jährige nkonde so: „Ich möchte schon gerne von den Erfahrungen der Älteren in der Gemeinde ler­ nen. Vor allem, was die Freundschaft mit Jungs betrifft. Aber sie nehmen uns nicht ernst und kümmern sich nicht um uns.“ Auch Beth, die HefebällchenVerkäuferin, erzählt, dass sie früher junge Frauen der Gemein­ de vor der Heirat unterrichtet hätte. „Zuerst sol­ len sie mit Jesus leben, damit es ihnen gut geht. Sie sollen sich keinen Rat holen von außerhalb, sondern nur auf die Großfamilie hören. Sie sol­ len ihren Mann achten und ihm in der Öffent- lichkeit nicht widersprechen“, sind ein paar ihrer Ratschläge. Seit jedoch einige Frauen ihnen anvertraute Geheimnisse ausgeplaudert haben, ist die Beziehung zwischen Jung und Alt in der Gemeinde eher angespannt. Überrollt von den entwicklungen Seit jeher wachen die älteren Frauen in Sambia darüber, dass Traditionen weiterhin befolgt werden. Vertrauliche Gespräche zwischen Mut­ ter und Tochter sind traditionell nicht gestattet. Das verstärkt die Verantwortung der älteren Frauen noch. Ich verstehe ihre Sorgen. Sie schimpfen über die Jugend, die sich von Fernse­ hen und Internet prägen lässt, anstatt den alten Sitten zu folgen. Die rasante Entwicklung der vergangenen Jahre scheint viele Ältere einfach überrollt zu haben. Der Überlebenskampf und die Versorgung der verwaisten Enkel raubt Omas wie Beth die nötige Energie, um sich um die Weiter­ gabe von guten Werten zu kümmern. Was sie denn von den Jungen lernen könne, will ich von Jessy wissen. „Du meinst jetzt sicher nicht diese neumodischen Computersachen“, sagt sie lachend und muss dann lange nachden­ ken. Aber es fällt ihr nichts ein. Beth dagegen ant­ wortet: „Wir erwarten von den Jungen, dass sie uns höflich ansprechen und sich auch bei uns ent- schuldigen. Traditionell tun wir Alten das nicht. Aber weil sich die Zeiten geändert haben, können wir so ein Verhalten von den Jungen lernen.“ Ich gehöre auch zu den Älteren und verstehe die Spannung zwischen den Generationen. In Gesprächen und Frauenstunden versuche ich, Mut zu machen, dass wir als Christen unsere Verantwortung unseren Mitmenschen gegen­ über wahrnehmen, einander den Glauben an Jesus vorleben und das weitergeben, was im Leben als Gotteskind wirklich wichtig ist. Cornelia Frey l Dr. (UnIMw) reinhard und Cornelia Frey kehrten nach 13 Jahren Gemeindedienst in Deutschland im herbst 2015 nach sambia zurück. Dort waren sie schon von 1986 bis 2002 in der Gemein- de- und schulungsarbeit tätig. reinhard schult pasto- ren und Gemeindeleiter innerhalb des sambischen Gemeindeverbandes Zba sowie im benachbarten Kongo. cornelia unterrichtet an einer kleinen bibelschule und arbeitet in zwei Frauenkreisen mit. im Frühsommer 2021 be- richten beide im reisedienst in Deutschland, gerne auch in ihrer Gemeinde. Oben: Mama Kabunda beauf- sichtigt ihre Enkelin. Beth wartet vor ihrer „Kantemba“ (kleiner Laden) auf Kunden. Oben rechts: Anne bringt ihrer Tante Jessy eine Tasse Tee. Dabei kniet sie, um ihr Respekt zu erweisen. Fotos: reiNharD Frey

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