MISSION weltweit – Ausgaben 2020
darum geht’s papua-neuguinea 12 Wir erreichten Lukes Heimatdorf. Meine Sprach kenntnisse waren noch zu gering, um mich mit ihm und den anderen im Dorf unterhalten zu können. Aber der Kollege aus Neuseeland berichtete, wie er und andere Pioniermissionare in den Jahren zuvor immer wieder zu missiona rischen Einsätzen in dieser Bergregion unter wegs waren. Damals hatte Luke zum Glauben gefunden. Er ließ sich taufen und gehörte zur ersten christlichen Gemeinde in diesem Gebiet. Ich lebte damals noch im 20.000 Kilometer ent fernten Deutschland. PapuaNeuguinea und die Torricelli Mountains im Norden der Ostsepik Provinz waren mir völlig unbekannt. Und trotz dem hatten Luke und ich schon jetzt etwas ge meinsam: Durch Jesus gehörten wir zusammen. ein zuverlässiger Christ Luke und andere aus der jungen Gemeinde baten die Liebenzeller Mission um personelle Hilfe. Sie wollten, dass auch den Menschen in den anderen Dörfern das Evangelium nicht vor enthalten blieb. Luke mit seinem eher besonne nen und ruhigen Wesen wurde mir in den fol genden Jahrzehnten zum Freund und Berater. Manchmal waren wir über mehrere Tage im Urwald unterwegs. Scheinbar mühelos ging Luke voraus und trug den größten Teil des Gepäcks. Luke war ein echter Pfeiler, auf den auch in stür mischen Zeiten Verlass war. Wenn zum Beispiel böse Zungen im Dorf behaupteten, dass das Evangelium westlich und eine Erfindung der Weißen sei, bezog Luke Position. Als später die Gemeinden selbstständig wurden und sich zwi schenmenschliche Konflikte einstellten, duckte er sich nicht weg. Er setzte die Wahrheit des Evangeliums an erste Stelle, obwohl er bis zum letzten Atemzug Teil seines Stammes blieb und damit an althergebrachte kulturelle Pflichten und Erwartungen gebunden war. Die letzte irdische wegstrecke aushalten Vor etwa zehn Jahren ließ Lukes Kraft nach. Das Gehen fiel ihm schwer – selbst der Weg zum nahe gelegenen Fluss war mühsam. Trotz seiner Hinfälligkeit in den letzten Lebensjahren hielt Luke sich an den Verheißungen des guten Hir ten fest. Mit den anderen Christen im Dorf sang er geistliche Lieder, Melodien der Freude und der Auferstehungsgewissheit. Luke wusste, wohin er geht. Wie der kluge Mann in der Bibel, hatte er sein Lebensfundament nicht auf Sand gebaut, sondern auf festen Grund, auf Christus. In seinen letzten Lebensmonaten schlief Luke nur noch am Feuer in seiner Buschhütte. Immer, wenn mir Leute aus seinem Dorf begegneten und ich nach ihm fragte, kam die Antwort: „Em I lapun nau“ (er ist alt geworden) und „Tingting bilong em I olsem bebi nau“ (sinngemäß: auch seine geistigen Kräfte nehmen ab). Luke konnte sich plötzlich nicht mehr orientieren, brauchte permanente Hilfe. Er war nun „alt und hochbe tagt“ wie Josua (Josua 23,1). Als ich Anfang 2020 auf dem Weg in die Torri celliBerge war, erreichte mich die Nachricht, dass Lapun Luke gestorben sei. Früh am nächs ten Morgen ging ich los, um rechtzeitig zu sei ner Beerdigung im Dorf zu sein. Trotz anhalten dem Regen und dementsprechend rutschigen Pfaden erreichte ich Lukes Familie und die Men schen im Dorf noch vor der Beisetzung. Der ein heimische Pastor sprach von der Hoffnung der Auferstehung und vom guten Hirten, dessen Hand immer hält. Luke ist nicht weg, er ist uns nur vorausgegangen! Er sieht nun, was er geglaubt hat. Bernd Mortsiefer l Bernd und Irmgard Mortsiefer arbeiteten von 1983 bis 2017 mit weni- gen Unterbrechungen in papua-Neuguinea, vorwie- gend in der ausbildung einheimischer mitarbeiter. mittlerweile unterrichtet bernd jedes Jahr zweimal für zwei bis drei monate an verschiedenen neuguine- ischen bibelschulen. er ist bau- und möbelschreiner von beruf und studierte am theologischen seminar der liebenzeller mission und in den Usa. irmgard ist einzelhandelskauffrau und Krankenschwester. lapun luke, ein pfeiler in der brandung im september 1983 begegnete ich luke zum ersten mal. ein neuseeländer, der einige Jahre vor mir nach papuaneuguinea gekommen war, nahm mich damals mit auf einen mehrtägigen fußmarsch durch den urwald der torricelliberge. ich war sehr gespannt, was mich erwarten würde. Luke (rechts) tauft den ersten Christen in Serpmel, einem Dorf in den Torricelli-Bergen. Foto: berND mortsieFer
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