MISSION weltweit – Ausgaben 2020
4 darum geht’s sPanien Es ist schon eine Weile her. Im Sommer 2004 führten wir mit etwa 60 Jugendlichen aus ganz Spanien Kinderfestivals im Stadtpark von Mar- bella durch. Nur am Rande sei erwähnt, dass es eines der schwierigsten Jahre in Sachen Geneh- migungen war. Diese Einsätze müssen von den Stadtverwaltungen ausdrücklich erlaubt werden. Jedenfalls bat uns nach einem dieser Festivals Francis um Hilfe. Er war drogenabhängig und war davon „gezeichnet“. Sein hageres Gesicht sprach Bände. Ich besuchte ihn in seiner Bruch- bude, und es entstand so etwas wie eine Freund- schaft. Francis öffnete sich für den Glauben und gab sein verfahrenes Leben in Jesu Hände. Besuch bei rocío Eines Tages erzählte er mir ganz aufgeregt, dass seine Freundin Rocío im Krankenhaus läge und er sie gerne besuchen würde. Ob ich mitkäme? Gesagt, getan – zusammen gingen wir ins Kreis- krankenhaus in Marbella. Mein erster Eindruck war: Rocío lag bereits im Sterben. Sie brachte kaum einen Laut aus der Kehle. Als sie mir ihre schwache Hand gab, hatte ich Angst, sie würde zerbrechen. Die junge Frau war bis auf die Kno- chen abgemagert und hatte Schmerzen. Trotz- dem lächelte sie mich freundlich an – bis zu dem Zeitpunkt, als ich ihr erzählte, dass ich von unse- rer christlichen Gemeinde komme. Ihr Gesicht verfinsterte sich, Blitze schossen aus ihren Augen, und sie sprach kein Wort mehr mit mir. Hilfe für Francis Francis kam alleine nicht von den Drogen los. Mehrere Male riet ich ihm, in ein Reha-Zentrum zu gehen, das von Christen geleitet wird. Eines Morgens gestand er sich seine Hilflosigkeit ein. Er kam zitternd zu mir, weil er an den Tagen davor keinen Stoff hatte beschaffen können. Sofort fuhren wir nach Málaga, wo ich ihn den Verantwortlichen des Reha-Zentrums übergab. Im folgenden halben Jahr besuchten wir ihn, einmal kam Francis zu uns in den Gottesdienst ins 56 Kilometer entfernte Marbella. Dann aber verlor sich seine Spur, und über 15 Jahre lang hörten wir nichts mehr von ihm. Mit Rocío dagegen hatte ich öfter zu tun. Sie „wohnte“ im Zentrum von Marbella in einem verlassenen Haus ohne fließend Wasser und Strom. Sie bettelte auf der Straße, um das Geld für den nächsten Schuss zusammenzubekom- men. Unsere Einladungen blieben unbeantwor- tet, aber ich konnte ihr mehrmals helfen und sie zum Arzt begleiten. Aber immer dann, wenn sie sich stark genug fühlte, büchste sie aus dem Krankenhaus aus. Ihr Interesse an Heil und Hei- lung war gleich null. „kennst du mich noch?“ Vor einigen Wochen parkte ein Kastenwagen vor unserer Gemeinde. Ein dynamischer Kerl stieg aus und fragte mich freudestrahlend: „Kennst du mich noch?“ Ich muss gestehen: Es hat etwa zehn Sekunden gedauert, bis es „klick“ machte und ich ungläubig fragte: „Francis?“ „Genau, der bin ich“, antwortete er mit einem breiten Lä- cheln. Ich war wie vom Schlag gerührt und konn- te es kaum glauben. Wir umarmten uns und fei- erten das Wiedersehen. Es gibt nicht viele Mo- mente, in denen Gott uns so klar zeigt, dass wir an dem Platz sind, den er für uns bestimmt hat! Es gab viel zu erzählen, was Francis noch nie schwergefallen ist. Er ist inzwischen geheilt von seiner Drogensucht und seiner Leberzirrhose. theo und Carolin Hertler arbeiten seit 1996 als Ge- meindegründer in marbella/ andalusien. sie begleiten die Gemeinde auf dem weg in die selbstständigkeit und engagieren sich überregional bei missionseinsätzen. theo war vor seiner theolo- gischen ausbildung in bad liebenzell als maschinen- schlosser tätig. Carolin ist Krankenschwester, besuchte eine bibelschule und arbeite- te ehrenamtlich im Gemein- deaufbau im osten deutsch- lands. die beiden haben vier Kinder. ein Wunder oder kein Wunder? das thema heilung berührt viele menschen und sorgt in der gemeinde oft für gesprächsstoff. denn eine christliche gemeinde ist der ort, den gott erwählt, um menschen zu heilen. das kann anders geschehen, als wir uns das oft vorstellen. gott heilt sogar, ohne dass wir etwas davon merken. manchmal greift er jedoch auf außergewöhnliche Weise ein. Kinderfestivals im Stadtpark von Marbella
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