7 sambia darum geht’s mission weltweit 7–8/2021 das System ist der kleber Selbst in der Politik wird Tribal Cousinship praktiziert. Einmal wurde der sambische Präsident von Vertretern der Bemba (Stamm im Norden) verbal angegangen. Er (Angehöriger der Tumbuka, Stamm im Osten) schoss voll zurück, und es kam zu einer heftigen Auseinandersetzung. Aber: In dieser ging es weniger darum, ob ein Präsident das Recht hätte, Tribal Cousinship einzusetzen. Der entscheidende Punkt im Streit war: Er sei kein Ngoni, und nur die Ngoni wären wirkliche Tribal Cousins (Stammesverwandte) der Bemba. Dieses System an sich wird nicht infrage gestellt, sondern als der „Kleber“ angesehen, der die Einheit im Land garantiert – und man ist sehr stolz darauf. Wir Missionarinnen und Missionare sind nicht Teil davon und können uns deshalb solche Scherze nicht ohne Weiteres erlauben. Trotzdem ist meine Beobachtung: Wenn die Beziehung gut ist, kann man sich auch gegenseitig auf den Arm nehmen. Liebloser Humor im team? Einer unserer Missionare musste nach Deutschland fliegen, und es gab Probleme mit seinem Corona-Test. Wir anderen waren gemeinsam im Kleinbus unterwegs, als wir von der Panne hörten und dem Stress, den er nun hatte. Trotzdem gab es ein fröhliches Hin und Her mit „blöden Sprüchen“. Wir wussten, dass sich unser Kollege für die beste Testvariante entschieden hatte. Er wollte sicherstellen, dass alles klappt und er beruhigt fliegen kann. Und gerade die sicherste Methode ging schief – ausgerechnet bei ihm. Einer von uns hat ihn angerufen und ihn noch etwas Hops genommen – während sich alle anderen im Hintergrund halb kaputtgelacht haben. Ist das ein gutes Team? Ist das guter Humor? Was für Außenstehende befremdlich sein mag, ist für uns „normal“ – ähnlich wie die Tribal Cousins der Sambier. Hans-Peter und Britta Hertler leben seit 2009 in sambia und sind nach zehn Jahren in der schulung von ehrenamtlichen gemeindeleitern jetzt in der teamleitung tätig. Dazu gehört die enge Zusammenarbeit mit der einheimischen Partnerkirche. hans-Peter war Bankkaufmann und Layouter und studierte theologie (B.a.) in Bad Liebenzell. Britta sammelte nach dem abitur erste Missionserfahrungen in Bolivien und ließ sich dann am theologischen seminar der Liebenzeller Mission zur gemeindepädagogin ausbilden. ihre drei Kinder gehen in ndola zur schule. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/ hertler-hans-peter-britta wir müssen Pilze sammeln! in sambia werden keine Witze „erzählt“ – sie werden „gemacht“. ein beispiel für diese situationskomik: auf langen reisen in ländlichen gegenden braucht man auch mal eine toilettenpause. das wird hier nie offen angesprochen. aber es hat sich ein „code“ entwickelt. Wer regelmäßig mit der kirchenleitung unterwegs ist, kennt ihn: „Wir müssen Pilze sammeln! ich denke, hier ist ein guter ort dafür.“ dann weiß der fahrer, dass er kurz anhalten soll. Wer nicht eingeweiht ist, schaut verdutzt: „es hat seit vier monaten nicht geregnet; wie um alles in der Welt wollt ihr hier und jetzt Pilze finden?“ es wird dann herzlich gelacht, und der erstaunte fahrgast kapiert meistens schnell, was wir eigentlich meinen … Liebenzeller Missionarsteam in Sambia nicht alles muss todernst sein Wir Missionare haben schon viel miteinander erlebt, wir haben Schweres zusammen durchgemacht, manche kennen sich seit Jahrzehnten. Wir lassen uns gegenseitig nicht hängen, wir helfen einander, kämpfen gemeinsam, beten füreinander und leiden mit dem anderen mit. Aber weil wir so gute Beziehungen haben, lassen wir es uns auch nicht nehmen, den einen oder anderen Spaß miteinander zu machen. Humor darf nicht gehässig sein, sonst ist er verletzend. Aber wo Beziehungen gesund sind, da hilft Humor. Dafür sind in Sambia die Tribal Cousins verantwortlich. Sie zeigen: Nicht alles im Leben muss todernst sein, noch nicht einmal eine Beerdigung. Das eingesammelte Geld wurde übrigens der Trauerfamilie gegeben, um sie bei der kostspieligen Bewirtung ihrer Trauergäste zu unterstützen. Eine wichtige Lektion für mich war in den vergangenen Jahren in Sambia: Ich darf niemals aufhören, auch über mich selbst zu lachen. Manchmal ist mir nicht zum Lachen zumute – wenn die Probleme überhandnehmen, Konflikte sich aufbauen und ich keinen Ausweg sehe. Wohl dem, der dann einen Tribal Cousin oder die richtigen Mitmissionare hat! Hans-Peter Hertler l foto: reinharD freY
RkJQdWJsaXNoZXIy Mzg4OTA=