19 das empfehlen wir mission weltweit 7–8/2021 weiterdenken >> sonderbeitrag zum thema von lbrecht wandel mente ringen. Böse Zungen vermuten darin die Geschwätzigkeit der Frau, andere die Wortkargheit oder gar Feigheit des Mannes. „Sollte Gott gesagt haben …?“– Spätestens jetzt hätte Adam vorpreschen und laut „Ja!“ rufen müssen. Aber der Kerl schweigt – wider besseres Wissen. Und erst als Eva ihm von der Frucht gibt, beißt er, immer noch sprachlos, hinein. „Komm, iss auch davon!“, diese Botschaft versteht der Mann. Manche sagen: bis heute … Merken Sie: Obwohl die Geschichte mehr als dramatisch für die ganze Menschheit ist, beinhaltet sie durchaus einen „Galgenhumor“ in sich. Woran liegt es, dass Sie vielleicht das erste Mal über diese Geschichte schmunzeln mussten? Ich habe versucht, uns die vertraute Szene vor Augen zu malen. Nicht in einer theologischen Ausführung, sondern gleichsam in einer kleinen Erzählung. „Schauen Sie doch einmal hin, was da vor sich gegangen ist!“, war meine unausgesprochene Aufforderung, bei der ich dann auch versucht habe, Sie bei der Hand zu nehmen. Humor, Ironie und Satire wahrnehmen! Unser Problem, warum wir in den biblischen Geschichten nicht mehr den Humor, die Ironie, die Satire, den Reiz zum Schmunzeln wahrnehmen, ist, dass wir mit den Geschichten schon so lange geistlich und vielleicht theologisch vertraut sind. Und zweitens: sie meist lesen, als wäre die Bibel eine einzige Grabrede (wobei gesagt werden muss, dass Grabreden im 18. Jahrhundert durchaus ein humorvoller Genuss sein konnten). Wenn wir schon bei Grabreden sind: Eine der humorvollsten Geschichten des Alten Testaments ist die von König Eglon von Moab, der die letzten Groschen aus den Israeliten presste, vor allem, um sich zu mästen. „Er war ein sehr fetter Mann“, heißt es in Richter 3,17. Als Ehud, der Gesandte Israels, die schmerzhafte Forderung überbringt, sitzt der König gerade an dem Ort, an den sogar Königinnen und Könige alleine gehen (Richter 3,20–25 drückt es etwas höfisch vornehmer aus). Mit links (!) rammt Ehud dem auf einem seltsamen Thron sitzenden König das Schwert in den fettigen Schwimmring um seinen Leib. Können Sie mir sagen, warum es a) so wichtig ist, dass er auf dem stillen Örtchen war und b) so ausführlich berichtet wird, dass der Dolch sich in das Fett der breiten Hoheit gebohrt hat? Mir fällt hier nur die offensichtliche Komik dieser Geschichte ein. Und gerade diese Komik ist es ja, die der beleibten Majestät die letzte Würde raubt und damit das Volk Gottes rehabilitiert. Die eigentliche Story kommt mit nur 300 Worten aus. Und genau so lesen wir diese Texte dann auch heute: knapp, emotionslos, sachlich. Aber die ersten Hörer dieser Geschichte hatten noch das, was wir heute Kopfkino nennen: eine anschauliche Vorstellungskraft solch komisch-grotesker Szenen. Wie können wir uns das wieder aneignen? Drei Ratschläge zur Entdeckung des Humors in der Bibel möchte ich Ihnen an dieser Stelle ans Herz legen: 1. Lesen Sie die Geschichten der Bibel laut und langsam. 2. Stellen Sie sich die Szene bildhaft vor – denken Sie das, was sie lesen und damit auch hören, einmal bildlich nach. 3. Manchmal hilft eine etwas weniger vertraute Übersetzung bei der Entdeckung des Humors. Und dann lassen Sie es zu, wenn Ihnen beim (Neu-)Verstehen des Textes ein Schmunzeln auf die Lippen kommt. Mancher mag einwenden: „War das denn auch der Humor, den der Text auslösen wollte? Stammt er nicht aus einer Zeit, die der unseren wenig gleicht?“ Es stimmt schon, dass jede Kultur einen unterschiedlichen Sinn für Humor entwickelt. Aber müssen wir uns wirklich erst mit der Kultur vor 3000 Jahren beschäftigen, um die Bibel zu verstehen, auch in ihrem Humor? Das ist ja gerade so erstaunlich, dass die Bibel in einer Lebendigkeit zu uns redet, als wäre sie für unsere Tage geschrieben. Hier soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die Beschäftigung mit Geschichte, Kultur und Gesellschaft sehr erhellend sein kann. Aber es ist eben nicht Voraussetzung, damit die Bibel zu uns (humorvoll) reden kann. Nichts zu lachen! Der Humor Gottes kann einem aber auch regelrecht die Sprache verschlagen: Mit beinahe schwarzem Humor wird die Vergänglichkeit des Menschen thematisiert: „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Feld; wenn ein Wind darüber geht, so ist sie nicht mehr da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr“ (Psalm 103,15–16). Der Mensch: ein flachwurzelndes Mauerblümchen, das ein Windstoß auslöschen kann. Das Lachen bleibt einem im Halse stecken. Nicht anders die zynische Feststellung von Bildad, des Freundes von Hiob: Der sterbliche Mensch ist eine Made, ein Wurm (Hiob 25,6). Das klingt nach Galgenhumor und ist doch ernüchternde Wahrheit. Wenn Gott sich lustig macht Darf man sich über religiöse Praktiken lustig machen? Der Karikaturenstreit im Jahr 2005 hat gezeigt, wie heikel das Thema ist. Wie schmerzhaft das Verspotten des eigenen Glaubens ist, haben wir vermutlich alle schon einmal mehr oder weniger erfahren. Hier werden tatsächlich oft Grenzen überschritten, und wir sollten mehr als zurückhaltend mit spottendem Humor sein. Und Gott, macht er sich über Religion lustig? Wer seine Sicht auf die Herstellung von Götzenbildern in Jesaja 44,9–20 gelesen hat, der kann gar nicht anders, als in diesem Text den beißenden Spott Gottes zu entdecken. Hier scheint es geboten zu sein, nicht nur an die antike Herstellung von Metall- und Holzgötzen zu denken, sondern durchaus auch an die „Verehrung“ von materiellen leblosen Dingen in unseren Tagen. Menschen setzen ihre Hoffnung auf Material, das eigentlich zum Heizen von Backöfen oder Räumen verwendet wird. Aus dem „Restholz“ wird dann ein „Gott“ geschnitzt, vor dem anbetend niedergefallen wird. „Genauso gut könnte er (der Götzenanbeter) die Asche des verbrannten Holzes anbeten“ (Jesaja 44,20). Mit beißendem Humor entlarvt Gott den religiösen Selbstbetrug des Menschen. Ja, Gott macht sich über skurrile Verehrung von Material lustig. Ein weiteres Beispiel für diesen beißenden Spott über Religion findet sich in 1. Könige 18, als Gottes Prophet Elia die Baalspriester spottend anfeuert: „Vielleicht ist euer Gott gerade in Gedanken versunken oder er musste mal austreten. Oder ist er etwa verreist? Vielleicht schläft er sogar noch und ihr müsst ihn aufwecken!“ Wir sind gut beraten, diesen spottenden Humor ausschließlich aus der Bibel zu zitieren – das allerdings dürfen wir.
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