MISSION weltweit – Ausgaben 2021

20 weiterdenken >> sonderbeitrag zum thema von albrecht wandel Albrecht Wandel ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Töchtern. Nach dem Studium der Evangelischen Theologie in Tübingen in Verbindung mit dem Albrecht-Bengel-Haus war er elf Jahre Prediger im Schwarzwaldbezirk des Württembergischen Christusbundes. Seit 2003 arbeitet er als Dozent für Kirchengeschichte und Praktische Theologie am BibelStudienKolleg (BSK) in Ostfildern, bis 2020 als Direktor. Außerdem ist er unterwegs als Verkündiger, Referent und Reiseleiter. www.bibelstudienkolleg.de Humor als Erziehungsmaßnahme Gottes Dass ein Esel den besseren Durchblick hat als der Mensch, ist an sich schon einmal humorvoll. Aber dass er dies auch noch mit menschlicher Sprache diesem Menschen, der sich nachweislich dumm verhält, mitteilt: das hat schon etwas von humorvoller Erziehung. Bileam, der gegen besseres Wissen handelt, wird durch Gottes Esel erzogen (4. Mose 22,21–34). Wobei diese Geschichte zeigt, dass wir mit unserer Interpretation etwas vorsichtig sein müssen: Der Esel war das Reittier der Fürsten und Könige zur damaligen Zeit und nicht unbedingt das dumme störrische Tier, wie wir es oft zu Unrecht bezeichnen. An anderer Stelle setzt Gott offensichtlichen Humor politisch ein: Nach einer dramatischen Fehlentscheidung mit verheerenden Auswirkungen wird dem Volk Gottes ein tragikomischer Spiegel vorgehalten: Bäume, die sich einen König wählen wollen, landen beim Dornbusch (Richter 9). Auch im Neuen Testament setzt Jesus gerne in seinen Reden das Stilmittel des Humors in seiner Lehreinheit für die Jünger ein: Er rät davon ab, eine kleine Augenoperation bei jemand vorzunehmen (Splitter entfernen), solange man selber einen dicken Balken im Auge stecken hat (Matthäus 7,3). Versuchen Sie sich die Szene bildhaft vorzustellen, und sie kommen um ein Schmunzeln nicht herum. Gottes Humor entlarvt Da sitzt einer beim Essen seiner Suppe, in der eine Mücke schwimmt, und versucht, sie herauszufischen. Gleichzeitig trinkt er aus seinem Becher, und es ist ihm völlig egal, dass in diesen eine Herde Kamele gefallen ist – er schluckt sie mit dem kühlen Nass einfach runter (Matthäus 23,24). Jesus hält den Theologen und Pharisäern ihre gesetzliche Erbsen- oder besser gesagt Mückenzählerei vor Augen und kritisiert, dass sie viel wichtigere Forderungen Gottes einfach ignorieren. Nicht nur damals wurden mit dieser humorvollen Einlage heuchlerische Menschen entlarvt. Oder denken wir an diese erschütternde Szene, in der wieder eine Gruppe sehr bibelkundiger und frommer Männer eine Frau des Ehebruchs beschuldigen und Jesus sie mit einer gefährlich humorvollen Aufforderung ebenfalls entlarvt: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Lesen Sie ruhig die Geschichte aus Johannes 8 einmal weiter – und Sie kommen um ein Schmunzeln nicht herum. Gottes Humor – Anreizung zur Hoffnung und Freude Der Evangelist (wörtlich: Einer, der frohmachende Botschaft bringt) Lukas nimmt uns in einer Geschichte als „Zaungast“ mit. Lesen Sie in der oben empfohlenen Weise die Geschichte von den Emmausjüngern (Lukas 24,13–32). Als Zaungast wissen Sie von Anfang an, wer sich da so diskret den beiden Frustrierten genähert hat. Nicht so die beiden Ahnungslosen. Sie versuchen, dem Gekreuzigten die Kreuzigung und die mutmaßliche Auferstehung zu erklären. Wenn das nicht komisch ist! Und Jesus lässt sie sogar noch im Ungewissen, als sie ihn brüskieren: „Bist du der Einzige, der nicht weiß, was geschehen ist?“ „Was denn?“, fragt er sie provozierend. Eine Begegnung mit dem Auferstandenen, die auch heute noch den Leser zum Schmunzeln, vielleicht sogar zum Lachen bringt. Die Bibel – ein frohmachendes Buch! Selbst dort, wo es um eine ernsthafte Gerichtsbotschaft geht. Lesen Sie das Buch Jona unter Die Probe Zu einem seltsamen Versuch erstand ich mir ein Nadelbuch. Und zu dem Buch ein altes zwar, doch äußerst kühnes Dromedar. Ein Reicher auch daneben stand, zween Säcke Gold in jeder Hand. Der Reiche ging alsdann herfür und klopfte an die Himmelstür. Drauf Petrus sprach: „Geschrieben steht, dass ein Kamel weit eher geht durchs Nadelöhr, als du, du Heid, durch diese Türe, groß und breit!“ Ich, glaubend fest an Gottes Wort, ermunterte das Tier sofort, ihm zeigend hinterm Nadelöhr ein Zuckerhörnchen als Douceur*. Und in der Tat! Das Vieh ging durch, obzwar sich quetschend wie ein Lurch! Der Reiche aber sah ganz stier und sagte nichts als: Wehe mir! Christian Morgenstern * Lockspeise dem Vorzeichen „Humor“! Vielleicht liegt es ja tatsächlich daran, dass wir zu vertraut mit dem ernsten Bibelbuch sind, dass wir den frohmachenden Humor, wie ihn uns Christian Morgenstern vor Augen malt, nicht mehr entdecken. Gott möchte mehr, als uns ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubern. Er will uns ewig froh machen: Evangelium, gute Nachricht, frohmachende Botschaft, so nannten die ersten Christen die Berichte über das Leben, Leiden und die Auferstehung Jesu. Für Jesus war es alles andere als lustig, was er in seiner Passion erlebt hat. Aber für uns ist sein Kreuz und seine Auferstehung zum „Grund ewiger Freude“ geworden (EG 66). l

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