MISSION weltweit – Ausgaben 2021

20 darum geht‘s weiterdenken >> sonderbeitrag zum thema von dr. annette kessel Für eine Antwort ist zunächst einmal zu klären, was das deutsche Wort „Erfolg“ eigentlich meint. Was ist Erfolg? Was ist Misserfolg? Im Duden steht: „Erfolg ist das positive Ergebnis einer Bemühung, das Eintreten einer erstrebten Wirkung.“1 Das Substantiv „Erfolg“ stammt vom althochdeutschen Verb „erfolgen“, welches „erreichen, sich erfüllen und zuteilwerden“ bedeutete.2 Er- folg ist also die beabsichtigte positive Auswirkung einer Handlung; Misserfolg entsprechend die negative, die man nicht beabsichtigte. Oder anders: Ich setze mir ein Ziel. Wenn ich es erreiche, ist das ein Erfolg; wenn nicht, dann ist es ein Misserfolg. Handlungen haben Folgen, positive oder negative. Ziele werden erreicht oder auch nicht. Das wissen wir, und das erleben wir tagtäglich in unserem Alltag. Damit hat in der Regel niemand ein Problem. Doch wenn es darum geht, diese alltägliche Erfahrung auf das Reich Gottes anzuwenden, beginnen viele von uns, sich unwohl zu fühlen. Erfolg haben als Christ? Das scheint im Reich Gottes nicht zu passen. Warum nicht? Wir Menschen brauchen Erfolg … Erfolg, also die positive Wirkung unseres Handelns, motiviert uns. Wir alle möchten wirksam sein, möchten einen Unterschied machen in dieser Welt, möchten mitgestalten. Denn so sind wir als Ebenbilder Gottes geschaffen (1. Mose 1,26–27). Das Bedürfnis, etwas beizutragen, ist tief in uns eingegraben. Deshalb tut es uns gut, wenn wir Dinge positiv beeinflussen können und uns nicht nur als Spielball des Schicksals empfinden. Wer das nicht kann, steht in der Gefahr, krank zu werden. Erfolg ist also zunächst etwas Gesundes – und der Wunsch nach Erfolg auch. … und Misserfolg Genauso brauchen wir aber auch den Misserfolg. Er zeigt uns unsere Grenzen auf, lässt uns erleben, dass wir eben nicht alles können. Das kann entmutigen, aber es wird auch in vielen Fällen eine Lernerfahrung bedeuten, die uns in besonderer Weise reifen lässt. Niemand wünscht sich Misserfolg – und doch: Wenn Sie Menschen mit Lebenserfahrung befragen, werden Ihnen viele erzählen können, dass sie gerade in den Zeiten des Misserfolgs besonders Erfolg und Christsein – passt das zusammen? Kann man in der Nachfolge Erfolg haben? Gibt es Misserfolge im Reich Gottes? Am liebsten möchte man hinter diese Fragen ein doppeltes Fragezeichen setzen. Im Reich Gottes von Erfolg und Misserfolg zu sprechen, damit tun wir uns schwer. Doch warum? „Von nichts kommt nichts“ Gedanken zu Erfolg und Misserfolg im Reich Gottes es nicht liegen, denn die positive Wirkung unseres Gebets und unseres Frauentreffens war beabsichtigt, oder? Warum also passt „Erfolg“ für uns nicht? Ich glaube, das liegt daran, weil wir bei dem Begriff „Erfolg“ eben nicht nur an das positive Ergebnis unserer Bemühungen denken, sondern viel mehr mitschwingt. Üblicherweise verbinden wir mit Erfolg drei Gedanken, die sich schwer mit dem Reich Gottes vereinbaren lassen: (1) Erfolg ist etwas, was man sehen kann. (2) Am Erfolg kann der Wert unseres Handelns gemessen werden. (3) Den Erfolg haben wir mit unserem Handeln selbst bewirkt. Diese drei Gedanken möchte ich mit Blick auf das Reich Gottes näher anschauen. 1. Erfolg kann man im Reich Gottes oft nicht sehen Für alle sichtbarer Erfolg ist nicht das Ziel unserer Nachfolge Jeder Mensch möchte etwas im Leben bewirken, auch wir Christen. Wir sind eingeladen, uns mit unseren Gaben und gereift sind. Das gilt nicht immer und nicht in gleichem Maße, und doch sind es oft ge- rade die harten Zeiten des Misserfolgs, die uns – ähnlich wie Leid – besonders prägen. So gesehen ist auch der Misserfolg ein wichtiges Element unseres Lebens und hat das Potenzial, zu etwas Gutem zu werden. Warum also tun wir uns als Christen so schwer mit dem Erfolg und auch dem Misserfolg? Ich glaube, das liegt an dem Gedankenkonzept, das wir automatisch mit diesem Begriffspaar verbinden. Das Gedankenkonzept von Erfolg und Misserfolg Erstaunlicherweise ändert sich für viele von uns die innere Haltung, wenn wir „Erfolg“ durch Worte wie „Segen“ oder „Frucht“ ersetzen. Probieren Sie es aus: Ist es etwas anderes, wenn ich sage „mein Gebet hat Frucht gebracht“ statt „mein Gebet hatte Erfolg“? Oder „unser Frauentreffen war gesegnet“ statt „unser Frauentreffen war ein Erfolg“? Segen erscheint uns passend, Frucht auch – Erfolg aber nicht. An der Grundbedeutung des Wortes kann 1 https://www.duden.de/rechtschreibung/Erfolg, abgelesen am 22.8.20. 2https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Erfolg&oldid=201950069, abgelesen am 22.8.20.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzg4OTA=