MISSION weltweit – Ausgaben 2022

9 eCuador darum gehts mission weltweit 7–8/2022 *name geändert fotos: tABeA ruf Sind das nicht krasse Aussagen? Sie spiegeln einen traurigen Teil der ecuadorianischen Kultur, dem wir häufig begegnen: dem Misstrauen. Vielen Ecuadorianern fällt es schwer, zu vertrauen. Das zeigt sich sowohl in ihrer Beziehung zum Staat wie auch im zwischenmenschlichen Bereich in Nachbarschaft, Kollegium, bis hin zu Freundschaften und Familien. Vertrauen wird leider oft missbraucht, um einen eigenen Vorteil zu gewinnen. Oder es wird ein gefundenes Fressen für Klatsch und Tratsch. Daher vertraut Paúl* keinem in seiner Gemeinde an, aus welchen Abgründen Jesus ihn gerettet hat. Darum spricht Andrea* mit niemandem über ihre Ängste. Misstrauen macht auch nicht vor Paarbeziehungen Halt, und leider bestätigt sich oft die befürchtete Untreue. DerWunsch, sich jemandem anzuvertrauen, ist groß. Aber wem? Vertrauen wächst langsam und muss erarbeitet werden Nach fast vier Jahren in Ecuador erleben wir, wie Menschen sich uns anvertrauen. Vor allem Jugendliche haben den Mut dazu. Lange hat es gedauert, bis wir Vertrauen gewinnen konnten und uns „als vertrauenswürdig erwiesen haben“. Rückblickend sehen wir, welche Bausteine Gott dazu benutzt hat. Meistens waren wir uns dessen in der aktuellen Situation gar nicht bewusst. Vertrauensbildung praktisch Wir lieben es, Leute zu uns nach Hause einzuladen oder gemeinsam etwas zu unternehmen. In den ersten Jahren blieben die Treffen oft oberflächlich, manchmal wünschten wir uns mehr Tiefe. Einige erzählten uns später, wie sie uns bei den Begegnungen beobachtet hatten: Wie gehen Rufs miteinander und mit ihren Kindern um? Wie reden sie über andere? Stehen sie zu ihrem Wort? Zeigt sich auch in ihrem Leben, was sie lehren? Sind sie selbst in Krisen da? Präsent zu sein und zu bleiben – trotz Nationalstreik, trotz Pandemie, trotz personellem Wechsel – war ein wichtiger Vertrauensbaustein. Wir erlebten auch, dass selbst durch Unerfahrenheit und Unwissen Beziehungen ganz unverhofft wachsen durften: Weil wir um praktische Hilfe baten und nach Rat fragten. Um Vertrauen aufzubauen, hilft es, gute Fragen zu stellen und Interesse amGegenüber zu signalisieren. Im Deutschen wären das z. B. die W-Fragen: Was? Wer? Wo? Wann? Warum? Wir sind Gott sehr dankbar, dass er Beziehungen und Vertrauen durch oft ganz unscheinbare Dinge wachsen ließ. Es ist eine unserer wertvollsten Erfahrungen, dass wir miterleben konnten, wie Jesus durch gewachsenes Vertrauen in den Beziehungen Menschen neu aufblühen ließ. So kann Andrea nun frei werden von Angst und Selbstzweifeln und ihre Identität und Würde in Jesus entdecken. So kann Paúl sich noch leidenschaftlicher in der Gemeinde einbringen, weil ihm zugesprochen wurde: Jesus nimmt dir deine Last ab, die Schuld und erfahrene Ungerechtigkeiten aus der Vergangenheit. Ein Neuanfang ist möglich! Tabea Ruf l Sebastian und tabea ruf leiten seit sommer 2018 die impact-teams im norden ecuadors und entwickeln in ibarra verschiedene hilfsangebote für von häuslicher gewalt betroffene frauen. sebastian hat nach der Ausbildung zum forstwirt an der interkulturellen theologischen Akademie (itA) studiert, tabea „theologie und soziale Arbeit“ an der internationalen hochschule Liebenzell (ihL). Die beiden haben zwei töchter. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/ruf instagram.com/be_ruf_en Berufstätige brauchen in ecuador ein bankkonto, das auf ihren eigenen namen läuft. Wir sehen auch hierin eine vorsichtsmaßnahme und ein gewisses misstrauen. Misstrauen oder Anvertrauen „du bist die erste, der ich das anvertraue.“ „ich habe Freunde, aber denen vertraue ich nicht.“ „in meiner gemeinde kennt keiner mein leben. ich kann ihnen nicht vertrauen.“ „sie will mit dir reden. sie traut keinen einheimischen.“ Links oben: Zwischen uns ist eine echte Freundschaft entstanden. Oben: Auch das gemeinsame Grillen fördert Vertrauen.

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