MISSION weltweit – Ausgaben 2022

12 darum gehts Japan Liebgewordenes Es gibt Dinge im Leben, an die man sich gewöhnt hat. Nein, noch mehr: die für einen sehr lieb und wertvoll geworden sind. Sachen, die zum Leben gehören und die man nicht so einfach weggeben kann. Warum eigentlich? Warum hänge ich oft an Materiellem? Sachen Ich sitze in meinem Büro und sortiere Jungscharmaterial aus. Viele Erinnerungen aus meiner früheren Arbeit kommen in mir hoch. Soll ich es doch noch aufbewahren? Nein, es muss weg. Erstens ist es veraltet, und zweitens habe ich gemerkt, dass ich es hier in Japan nicht anwenden kann. Es gibt Menschen, die können gut wegwerfen. Anderen fällt es schwer, sich von Sachen zu trennen. Ich gehöre zu denen in der Mitte. Wie gut, dass ich immer wieder umziehen muss. So lerne ich, Besitz auszusortieren und sogar Erinnerungen und Liebgewordenes loszulassen. Immer wieder neu buchstabieren Oh nein! Ich hätte das Sitzkissen behalten sollen, bis mein neues Sofa kommt! Das wäre praktisch und gemütlich gewesen. Ich rufe schnell meinen Kollegen an, der auf dem Weg zum Sperrmüll ist. Er nimmt nicht ab. Ich schreibe eine kurze Nachricht. Doch sie kam zu spät: Das alte Sofa und die Polster waren schon entsorgt. Wie schade. Dumm gelaufen. Warum habe ich nicht früher daran gedacht. Es hat mich noch eine Weile gereut, dass ich das Sitzkissen nicht behalten habe. Warum eigentlich? Ich hätte es doch später sowieso entsorgt. Warum fällt es mir so schwer, loszulassen? Opfer Eine Freundin meinte einmal: „Umzüge sind eine tolle Gelegenheit, auszumisten und loszulassen. Aber manche Dinge braucht man einfach.“ Das hat mich getröstet. Ja, manche Dinge „braucht man einfach“. Aber viele kann man auch entsorgen. Und von manchem muss man sich trennen. Es ist wie ein Opfer: etwas, das man gibt, auch wenn es nicht leichtfällt. Arbeit Als ich im Herbst 2020 in die Gemeinde Chikusei zurückkam, war ich voller Erwartung und Zuversicht. Ich war gespannt, wie sich die Zusammenarbeit mit Pastor M. gestalten würde. Vor seiner Berufung in die Gemeinde hatte er gesagt, dass er sich auf eine gemeinsame Arbeit mit Missionaren freut. Dann kam die große Enttäuschung. An einem Sonntag im Februar 2021 bat er mich nach dem Gottesdienst um ein Gespräch. Er eröffnete mir, dass er nicht weiter mit mir zusammenarbeiten könne. Es läge nicht an meiner Person. Er wolle der Gemeinde alleine als Pastor vorstehen. Ich war geschockt und wusste nicht, was ich sagen und denken sollte. Am Montag war mein freier Tag. Ich wollte etwas unternehmen, was mir guttut, und das Vorgefallene an Gott abgeben. Onsen (japanisches Thermalbad) – das war genau das Richtige! Ich verbrachte einige Stunden in den verschiedenen Becken. Das warme Wasser tat Leib und Seele gut. Sorgen Aber meine Gedanken drehten sich wie ein Karussell um das Vorgefallene. Ich wollte meine Sorgen an Gott abgeben, aber es ging nicht. Ich verstand nicht, warum ich sie nicht loslassen konnte. Aber dann: Ich wollte mich schon auf den Heimweg machen und sah noch einmal nach draußen. Der Regen hatte aufgehört, die Sonne brach durch das Grau. Ein wunderschöner doppelter Regenbogen stand in den Wolken. Ich setzte mich nochmals in ein Außenbecken und bewunderte die bunte Farbenpracht. Da wusste und spürte ich auf einmal: Gott macht es gut, ER hat alles in seiner Hand, ER ist treu – und ich kann loslassen. Eine halbe Stunde lang stand das Zeichen Gottes am Himmel und ich fühlte mich in seine Liebe eingehüllt. L O A S S Diese Kinder sind die einzigen in der bisherigen Gemeinde in Chikusei. In der neuen Gemeinde gibt es keine. foto: yutaka tomioka

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