18 liebenzeller mission aktuell weiterdenken >> sonderbeitrag zum thema von martin siehler Eingeschränkte Verbindungen, das erlebten wir in Corona-Zeiten, tun unserer Seele nicht gut. Beziehungen bestimmen mein Leben, weil Gott den Menschen als Beziehungswesen geschaffen hat. Ganz am Anfang der Geschichte sagte Gott: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (1. Mose 2,18). Jeder Mensch ist also auf Beziehung angelegt, es gibt keinen Menschen „an sich“. Wir entstehen durch die intimste Beziehung zweier Menschen. Die ersten neun Monate unseres Lebens verbringen wir „eingepackt“ in der Mutter. In den ersten Jahren sind wir existenziell auf die Fürsorge der Eltern angewiesen. Eines Tages wird der junge Erwachsene dann „Vater und Mutter verlassen“, um selbstständig zu leben – aber nicht ohne Beziehungen. Er muss nun lernen, selbst tragfähige Beziehungen aufzubauen. Gute Beziehungen wachsen und reifen, je länger sie bestehen. Für einen Menschen, der auf tiefe Beziehungen verzichtet, ist die Krise vorprogrammiert. Vorgegebene Beziehungen Die meisten Beziehungen kann ich mir nicht aussuchen, sie sind vorgegeben. Ich bin angewiesen auf meine Eltern. Aber auch meine Verwandtschaft gehört zu den Grundbeziehungen meiner Familie. Den Ort, in dem ich aufwachse, ebenso das Land und die Gesellschaft sowie die Zeit, in der ich lebe, wähle ich mir nicht selbst aus. Da werde ich hineingeboren. Ich suche mir auch in der Schule weder die Lehrer noch die Klassenkameraden aus, und in der Regel habe ich keinen Einfluss auf die Kollegenschaft bei meiner Arbeit. Ich kann zwar meinen Hausarzt selbst wählen, aber nicht die Mitpatienten, mit denen ich das Wartezimmer teile. Unabhängig davon, ob ich mich in einer vorgegebenen oder in einer freiwilligen Beziehung bewege, ich habe immer die Möglichkeit, die Beziehung durch Aufmerksamkeit und Zuwendung positiv zu beeinflussen. Freiwillige Beziehungen Freiwillige Beziehungen unter Erwachsenen entwickeln sich bei Begegnungen und gemeinsamen Erlebnissen. Freizeiten sind ein guter Ort, um neue Menschen kennenzulernen, durch gemeinsame Erlebnisse entsteht Gemeinschaft. Es war damals für meine Esther und mich eine sehr schöne Liebenzeller Bergfreizeit in der Schweiz, bei der wir uns kennengelernt haben. Die freie Wahl des Ehepartners ist in unserer Kultur ein sehr hohes Gut. Ich bin frei, Freundschaften zu knüpfen mit den Menschen, die mir liegen. Ich kann mir auch den Hauskreis, die Hobbygruppe und selbst die Gemeinde wählen. Keiner ist verpflichtet, in der Gemeinde zu bleiben, in der er aufgewachsen ist. Besonders die selbst gewählten Beziehungen sagen etwas über meine Werte und meinen Lebensstil aus. Goethe hat recht, wenn er meint: „Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist.“ Die Gemeinschaft mit Menschen beeinflusst, verändert und prägt mein Verhalten. Es ist ein Privileg der Freiheit, selbst zu entscheiden, wen ich näher an mich heranlasse und wen nicht. Mitspieler oder Teilhaber? Tief in jedemMenschen steckt die Sehnsucht nach Beziehung und Verbindung, nach Gespräch und Gemeinschaft, nach Vertrauen und Verstehen. Darum ist keine Wunde so schmerzlich, wie die Wunde der Einsamkeit. Einsamkeit ist ungestillter Kontakthunger. Die Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach einem Gegenüber ist groß. Der Begriff Partner wird im Lexikon mit zwei Worten beschrieben: Mitspieler und Teilhaber. Bei vielen Spielen braucht Gordon MacDonald hat einmal gesagt: „Wir wurden geschaffen, um Verbundenheit zu erleben: mit Gott, mit uns selbst, mit anderen Menschen und mit der Welt.“ Diese vierfache Verbundenheit macht mein Sein als Mensch aus. Alle vier Bereiche benötigen meine Aufmerksamkeit, sie hängen zusammen und geben meinem Leben Halt und Stabilität. Sonder- beitrag von Martin Siehler foto: istockphoto/sergio kumer
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