MISSION weltweit – Ausgaben 2022

25 auFbruCh FOTO: NICOLÁS MENDOZA „komm herüber und hilf uns!“ Der Pastor sprach davon, den Tag mit Gott zu beginnen, an der gemeinsamen Gebetswoche teilzunehmen, Zeugnis über den Glauben zu geben, einen Gebetspartner zu haben, den man auch unter der Woche zum gemeinsamen Gebet anrufen kann, auf die Hilfe Gottes in Krankheitsnöten zu vertrauen. Das alles gehörte für viele aus der Gemeinde offensichtlich zum Leben als Christ dazu. Am Ende des Gottesdienstes wurde ich nach vorne gerufen, man stellte sich um mich und betete für mich. In derselben Woche lernte ich eine Frau kennen, die ursprünglich aus dem Iran kommt. Sie erzählte, wie Jesus ihr am Tiefpunkt ihres Lebens in einer Vision begegnet ist und sie nicht anders konnte, als sich ihm ganz anzuvertrauen. „Heute bedeutet er mir einfach alles!“, sagte sie. „Ich kann und will nicht mehr ohne ihn leben!“ Später fanden ihr Mann und ihre Kinder ebenfalls zum Glauben. Aus ihr sprudelte sichtlich die Freude über das neue Leben in Jesus. In Deutschland sinkt die Zahl der Christen rapide. Selbst unter Kirchenmitgliedern hat der Glaube nur bei einem kleinen Teil eine hohe Bedeutung für den Alltag.1 Durch die wachsende Säkularisierung ist das Leben als Christ nur eine von vielen Optionen geworden – und oftmals nicht die naheliegendste!2 Doch viele Christen, die aus dem Globalen Süden, den „Entwicklungs- und Schwellenländern“, zu uns kommen, l nehmen die Bibel als Gottes Wort ernst, l haben ein aktives Gebetsleben, l erwarten Gottes Eingreifen im Hier und Jetzt, l sind bereit, für Jesus zu leiden, l wissen sowohl um den Einfluss gottfeindlicher Mächte als auch um Jesu Sieg über sie, l haben missionarischen Eifer.3 Menschen mit solch einem Glauben tun uns gut! Manche kommen mit ihrem Beruf nach Deutschland und gründen nebenher Gemeinden. Viele geflüchtete Christen tragen einen lebendigen Glauben an Jesus in sich und geben ihn im Alltag weiter. Nicht zuletzt werden Mitarbeiter von Kirchen im Globalen Süden bewusst als Missionare nach Europa gesandt. Als Liebenzeller Mission wünschen wir uns sehr, dass es zu einer Neubelebung des christlichen Glaubens in Deutschland kommt. Wir unterstützen dafür Mitarbeiter aus Chile, die sich bei uns in den Gemeinschaftsverbänden einbringen. Zwei von ihnen sagten mir: „Wir entdecken hier ein christliches Erbe, christlich geprägte Moral, christliche Kultur – aber all das irgendwie ohne Jesus!“ Sie wünschen sich so sehr, dass Menschen Jesus kennenlernen und in ihm das wahre Leben finden. Natürlich bringt es Herausforderungen mit sich, wenn Christen aus anderen Ländern uns unterstützen. Sie müssen eine neue Sprache lernen, Kulturen reiben sich und manchmal auch die Art, Christsein zu leben. Wenn es uns jedoch gelingt, sie willkommen zu heißen, ihnen Brücken zu bauen, Möglichkeiten zu eröffnen und ihre Mitarbeit als Geschenk Gottes an uns zu sehen, wird Gott unser gemeinsames Zeugnis dafür nutzen, dass noch mehr Menschen Teil seiner großen Familie werden! dr. Simon Herrmann war 15 Jahre im Auftrag der Liebenzeller mission in papuaneuguinea, den usA und malaysia tätig. im september 2020 kehrte er an seinen früheren studienort zurück und arbeitet seitdem als wissenschaftlicher mitarbeiter im Bereich der interkulturellen theologie/missionswissenschaft an der ihL und am Limrisinstitut sowie als Dozent an der itA. Junge chilenische Christen lassen sich für einen Missionseinsatz schulen. vor kurzem besuchte ich den gottesdienst einer afrikanischen gemeinde. ich wurde herzlich begrüßt. die musik war, wie erwartet, lebendig. bei der Predigt fiel mir auf, wie sie von einer dynamischen alltagsspiritualität geprägt war. 1 pew research center: Among christians, religion most important in sub-saharan Africa, Latin America, and the united states, pewforum.org (letzter Aufruf: 21.3.2022). 2 Vgl. charles taylor: ein säkulares Zeitalter, frankfurt 2009, s. 14. 3 Vgl. gregor etzelmüller: migrationskirchen als ökumenische herausforderung für theologie und kirchen in Deutschland, in: Ders. und claudia rammelt (hrsg.): migrationskirchen: internationalisierung und pluralisierung des christentums vor ort, Leipzig 2022, s. 697-715.

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