MISSION weltweit – Ausgaben 2022

5 sambia darum gehts mission weltweit 11–12/2022 gleiche Reihe mit den Ziegeln der anderen Männer zu stellen. Keiner wollte im Verdacht stehen, so schlechte Arbeit abzuliefern … Wir waren also garantiert keine Helden, sondern eher Witzfiguren und das Hauptthema des abendlichen Dorftratsches. Es war nicht unbedingt die Rolle, die wir uns vorgestellt hatten. Kulturzerstörer Aber wir waren auch keine Kulturzerstörer – so gerne wir das manchmal wären. Das klingt nun vielleicht sehr überheblich. Aber in jeder Kultur gibt es Angewohnheiten oder Traditionen, die den Menschen Schaden zufügen oder manchen Teilen der Bevölkerung das Leben schwer machen! Das fällt jemandem, der von außen kommt, viel leichter auf als allen anderen, die darin aufgewachsen sind. Nur einige Beispiele: Wenn wir miterleben, wie viel Angst die Menschen vor unsichtbaren Mächten haben. Wenn Kinder in ihrer Entwicklung vernachlässigt werden, wenn ihre wissbegierigen Fragen nicht beantwortet werden. Wenn sie Positiv „ent-täuscht“ wurden wir von Mary. Die junge Frau arbeitet bei uns als Haushaltshilfe. Als sie Schwierigkeiten mit ihrer Wohnung hatte, zögerten wir zunächst, ihr ein Zimmer anzubieten. Uns wurden unter anderem schlechte Erfahrungen in ähnlichen Situationen zugetragen. Wir haben es trotzdem gewagt und nie bereut. Mary ist ein riesiges Geschenk für uns. Die Kinder lieben sie, das Umfeld ist sicher und sie muss keine Angst vor Belästigungen haben. Unvorhersehbare Überraschungen gehören zu unserem Alltag, und wenn wir jemanden brauchen, der nach unseren Kids schaut, ist sie sofort zur Stelle. Mittlerweile hat Mary auch begonnen, in der Sonntagsschule mitzuarbeiten. Sonnenaufgang in Mutinondo. Es gibt ihn noch, den scheinbar grenzenlosen afrikanischen Busch mit Geschichten am Lagerfeuer stundenlang vor dem Fernseher sitzen, ohne dass sich jemand um sie kümmert. Hauptsache, sie sind ruhig. – In solchen Situationen würden wir gerne etwas ändern und hätten gerne mehr Einfluss. Aber es gilt auch für uns, was wir immer wieder anderen sagen: „Das Land und die Kultur werden sich für dich nicht ändern.“ Wir können uns höchstens in unserem Umfeld darum bemühen, einen Unterschied zu machen. Anfangsenttäuschung Unser Jahr im Dorf war ziemlich herausfordernd. Vieles hatten wir uns so nicht vorgestellt. Wir hatten oft den Eindruck, dass wir nur sinnlos vor uns hinleben – auch wenn ich fast jeden Sonntag in der kleinen Gemeinde predigte. Über die Jahre durften wir in schönere und größere Häuser umziehen. Aber der Schatz des ersten Jahres zog mit uns – die Einblicke und Erfahrungen der Anfangszeit halfen uns immer wieder in unserer Arbeit. Das Jahr im Dorf war nicht immer einfach, aber wir lernten tatsächlich viel, von dem wir bis heute profitieren. Ein kleines praktisches Beispiel: Ich bemühe mich bis heute, auf den Dreckstraßen langsam an Fußgängern vorbeizufahren, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie ätzend es ist, komplett von einer Staubwolke umhüllt zu werden, während der reiche Mann fröhlich seine Straße zieht. Auchauf unserePartner hat es Eindruckgemacht, dass wir als Missionare aus dem reichen Deutschland bereit waren, uns auf das einfache Leben einzulassen. Der Vorsitzende unseres Kirchenverbands erwähnt bis heute immer mal wieder, wenn er mich in einer Gemeinde vorstellt: „Hertlers haben ein Jahr im Dorf gewohnt.“ Für uns entstanden damals gute Beziehungen zu Menschen in Sambia, weil wir ihnen auf Augenhöhe begegnet sind und als Missionare hilfsbedürftig waren. So versuchen wir bis heute, unsere Beziehungen als ein Geben und Nehmen zu gestalten, als ein Miteinander und Füreinander. Zwar hat sich bei uns durch den Wechsel der Aufgaben manches verändert, aber wir haben die Chance, im Kleinen für andere ein Segen zu sein. Unser Verhalten hat mit Sicherheit den ein oder anderen ins Nachdenken und nicht nur zum Schmunzeln gebracht. Hans-Peter Hertler l Missionsarbeit ist Teamarbeit! Gemeinsam mit einheimischen Christen unterwegs im Auftrag des Herrn Ganz rechts: Noah, Emma und Lea Hertler blicken gemeinsam mit David Livingstone auf die Victoria-Fälle. Missionsarbeit hat sich seit dem 19. Jahrhundert sehr verändert, aber die Botschaft bleibt dieselbe

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