14 darum gehts sambia Hoffen Ich hoffe, dass der Strom nicht ausfällt, weil ich zwei Hefezöpfe backen will. Der Teig ist aufgegangen, die Zöpfe sind geformt und müssen nur noch in den Backofen geschoben werden. Die Temperatur ist eingestellt, aber plötzlich ist die Kontrollleuchte am Ofen aus. Ich schaue auf den Stromzähler, aber da bewegt sich nichts. Weil ichmich noch nicht damit abfinden will, dass der Strom tatsächlich weg ist, gehe ich nach draußen. Auch in den Häusern in der Nachbarschaft brennt kein Licht. Es ist also nicht nur ein Problembei mir. Enttäuscht gehe ich zurück ins Haus, schaue meine Hefezöpfe an und versuche mich damit abzufinden, dass es nichts wird mit dem Backen. Seit fast einem Jahr hoffe ich, dass der Vorstand unserer Universität etwas unternimmt, damit ein neuer Schulleiter gefunden wird. Leider hat sich noch immer nichts getan, und wir hängen in der Luft. Keiner will Entscheidungen für die Zukunft treffen, weil man nicht weiß, welche Visionen ein neuer Schulleiter mitbringt. Nach Monaten des Hoffens, Wartens und Enttäuscht-Werdens frage ich mich, ob ich zu viel erwarte. Scheitern Wegen einer Fehlentscheidung ist Vertrauen verloren gegangen, und das gemeinsame Arbeiten mit einem Kollegen scheint nicht mehr möglich zu sein. Ich überlege, wie ich anderen dieses Scheitern erklären soll. Wir glauben doch beide an denselben Gott, haben vieles gemeinsam erlebt und durchgestanden. Und das soll es jetzt gewesen sein? Ich bin enttäuscht über diese Entwicklung, hätte das so nicht erwartet und kann mit der Situation nicht wirklich umgehen. Auch beim Schreiben dieses Artikels frage ich mich, ob manche Leserinnen und Leser das Heft nach der Lektüre dieses Artikels enttäuscht zuschlagen oder ihn vielleicht gar nicht bis zum Ende lesen werden. Kann ich meine Erfahrungen so weitergeben, dass sie für andere interessant und hilfreich sind? Mir geht es mit Büchern ab und zu so: Der Titel ist verheißungsvoll, die kurze Beschreibung spricht mich an. Nach dem Lesen der Einleitung und des ersten Kapitels stelle ich schnell fest, dass der Inhalt nicht das hält, was der Klappentext verspricht. So lege ich das Buch bald auf die Seite. Mit Enttäuschungen, die sich aus unerfüllten Erwartungen ergeben, kann ich ganz gut umgehen. Nicht jede Zeitschrift und jeden Internetartikel muss ich zu Ende lesen. Klar, mich ärgert das Geld, das ich ausgegeben habe, aber darüber komme ich hinweg. Auch dass es immer wieder Stromausfälle gibt, kann ich einigermaßen gut wegstecken. Dass andere meine Gedanken nicht verstehen und ich in mancher Kommunikation scheitere, beschäftigt mich schon eher. Aber Kommunikation hat mit zwei Seiten zu tun. Vielleicht hatte mein Gegenüber andere Erwartungen, und ich konnte sie nicht erfüllen? Ganz anders ist es dagegen, wenn ich in langjährigen Beziehungen enttäuscht werde und mein investiertes Vertrauen nicht gewürdigt wird. Ich überlege, was passiert ist und ob ich Fehler gemacht habe, die nicht mehr zu korrigieren sind. Weiterleben Wenn ich enttäuscht werde, bewegt mich immer wieder der Gedanke, aufzugeben und mich neu zu orientieren. In vielen Fällen geht das auch. Margit Schwemmle ist seit 2014 Dozentin an der „Evangelical University“ in Ndola und begleitet junge Sambier in ihrer theologischen Ausbildung als Mentorin. Im Juni 2016 hat sie zusätzlich die Studienleitung übernommen. Die frühere Finanzbeamtin hat die Bibelschule Brake absolviert und war danach mit der Liebenzeller Mission in Malawi und in der Pioniermission in Sambia im Einsatz. Rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/ schwemmle Das Täuschen über mich selbst, über andere und über Situationen hat ein Ende, wenn ich ent-täuscht werde. Das kann ein heilsamer, aber durchaus auch schmerzhafter Prozess sein. Hoffen – Scheitern – Weiterleben Dieser Buchtitel eines Sammelbands hat mich angesprochen. Seine Beiträge zeigen, welche Wege Einzelne oder auch Gruppen fanden, um Enttäuschungen zu analysieren und zu überwinden. Damit es gelang, mussten Erfahrungen aus der Vergangenheit reflektiert und Erwartungen für die Zukunft definiert werden. „Enttäuschung bedeutete niemals das Ende der Geschichte“, heißt es. Aus dieser Erfahrung können wir lernen. Fotos: margit schwemmle
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