MISSION weltweit – Ausgaben 2022

20 WeiterDenKen >> sONderbeitrag zum thema VON dr. uLrich uNd KerstiN WeNdeL Dr. Ulrich Wendel ist Pastor, chefredakteur des magazins „Faszination bibel“ (https://bundes-verlag.net/faszination-bibel) und Programmleiter für bibel und theologie bei scm r.brockhaus. Kerstin Wendel ist autorin und referentin (https://kerstinwendel. wixsite.com/start). sie wohnen in Wetter (ruhr) und haben zwei erwachsene Kinder. zuletzt ist von ihnen erschienen: Vom glück des Loslassens – wie herz und Leben leicht werden, scm r.brockhaus 2020 mehr zum buch auf seite 16. Dem gegenüber stehen Weichenstellungen im Leben, wo wir Dinge oder Menschen am besten loslassen sollten, es aber nicht müssen. Wenn die Kinder aus dem Haus gehen, kann man versuchen, sie weiter emotional an sich zu binden. Das wird meist ungute Folgen haben – aber niemand zwingt hier, loszulassen. Verletzungen und erlittene Kränkungen eignen sich hervorragend dazu, dass man sie konserviert, pflegt und zu passender Zeit hervorholt, um sie als Munition gegen andere zu benutzen. Oder um sich daran zu wärmen, dass man damals doch recht gehabt hatte. Man muss das keineswegs loslassen. Aber besser wäre es natürlich. Es wäre auch deswegen besser, weil wir dann ein kleines Stück eingeübt sind für die Momente, wo wir loslassen müssen. Jeder Moment, in dem wir etwas aus der Hand geben, das wir theoretisch auch behalten könnten, trainiert uns darin, freizugeben – und danach etwas gewinnen zu können. Abschließend möchten wir noch einige Anregungen teilen, die das Loslassen praktisch werden lassen. Seelenschmerz zulassen Unser letzter Umzug ist nun rund zehn Jahre her, Ihr nächster steht vielleicht bald bevor. Oder sind Sie gerade mittendrin? Wir wissen noch genau, wie sich das Leben anfühlt zwischen Umzugskisten, letzten Umarmungen und tausend neuen Eindrücken. Eines ist sicher: Ohne Trauer wird es nicht gehen. Was kann helfen in der Phase des Loslassens und Neubeginns? Der eine braucht dazu das Tagebuchschreiben, der andere die letzten Spaziergänge am bisherigen Ort. Wieder andere schätzen das Gespräch mit guten alten Freunden (die bleiben!) oder pflegen intensiv das persönliche Gebet zum Gott allen Trostes. Viele kennen dabei das Überwältigtwerden von Schmerz. Taschentücher riechen für uns Loslasser nicht nur nach Menthol oder Aloe Vera, sondern vor allem nach Seelenschmerz. Und der darf heraus. Denn alles, was aus uns herausfließt – in Form von geschriebenen, gesprochenen, gebeteten Worten oder Tränen – bleibt nicht irgendwo im Körper stecken. Kennen Sie bereits Ihre persönliche Art, um in Loslass-Momenten trauern zu können? Von Feuern und Festen Es gibt Rituale, die beim Loslassen helfen können. In unseren Jahren als Pastorenehepaar kannten wir Situationen, in denen wir bewusst andere Menschen loslassen mussten – und zwar weil wir Verletzungen aktiv loslassen wollten, die wir durch sie erlitten hatten. Dabei kann beispielsweise helfen, sich belastende Erlebnisse und nachklingende Sätze von der Seele zu schreiben. Anschließend kann man die Notizen verbrennen. Die Feuerschale, der Kamin oder das Kartoffelfeuer laden zur ungewöhnlichen Nutzung ein! Loslassen muss aber nicht immer den Geruch von Feuer und den Geschmack von Tränen haben. Es darf auch hoch hergehen. Abschiedsfeiern unterschiedlicher Art bieten sich an. Wir haben sie im kleinen Rahmen genutzt, als unsere ausziehenden Kinder in die weite Welt drängten. Aber auch größer, um noch einmal mit lieben Gemeindemitgliedern zusammen zu sein. Essen, trinken, lachen, weinen, erinnern, träumen, umarmen und loslassen – alles darf dort Platz haben. Gibt es Loslass-Rituale, mit denen Sie bereits Erfahrung haben? Oder die Sie wagen möchten? einer hält fest Im Leben gehts nicht nur ums Loslassen, sondern auch um das Festhalten. Zum Glück gibt es da einen festen Anker. Ehrliche können sich dem Gedankenexperiment stellen: Stimmt es, dass Gott die einzige Antwort ist, wenn es ums Festhalten geht? Oder sagen wir das nur aus christlicher Denkfaulheit oder eingefahrener, frommer Routine? Wir dürfen unser Leben abklopfen, Situationen und Erfahrungen durchgehen und schauen, ob wir letztlich beim souveränen, bedingungslosen Liebhaber unseres Lebens hängen bleiben. Wir Wendels meinen: Wir landen nach den Gedankenspielen tatsächlich wieder bei ihm. Warum? Weil es keine Situation gibt, die sich dadurch verbessern ließe, dass man Gott loslässt. Halten wir uns also getrost an ihm fest, wenn es ans Loslassen geht! Jeder moment, in dem wir etwas aus der hand geben, das wir theoretisch auch behalten könnten, trainiert uns darin, freizugeben – und etwas anderes gewinnen zu können. loslasser sind keine Verlierer! Jesus war es nicht, und wir werden es auch nicht sein, wenn wir ihm folgen.

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