21 mission weltweit 11–12/2022 schwestern konkret Mit drei älteren Brüdern wuchs sie auf einem Bauernhof in der Nähe von Darmstadt auf. Früh musste sie auf den Feldern und imStall mithelfen. Überschattet wurde ihre Kindheit vom frühen Tod des Vaters, der mit 48 Jahren infolge einer Herzerkrankung überraschend bei der Feldarbeit starb. Lydia Kehr war damals zehn Jahre alt. Kurz vorher hatte sie mit ihren Eltern zum ersten Mal das Pfingstmissionsfest besucht. Die Liebenzeller Mission war ihr schon zuvor ein Begriff gewesen. Immer wieder lernte das Mädchen Prediger und Missionsschwestern kennen, und auch Missionare waren oft zu Gast bei ihren Eltern. Ein wenig peinlich war ihr dabei immer, wenn sie aufgrund ihres biblischen Vornamens gefragt wurde, ob „der Heiland“ wie bei der Purpurhändlerin Lydia (Apostelgeschichte 16) „ihr Herz schon aufgetan habe“, erinnert sie sich. Nicht ihre Wunschvorstellung Schwester bei der Liebenzeller Mission zu werden – das war eigentlich nicht ihr Wunsch fürs Leben. „Aber ich wollte ganz nach dem Willen Gottes leben.“ Bei einem Missionsvortrag wurde ihr bewusst: „Gott hat etwas mit mir vor!“ Nach einem Gespräch mit dem damaligen Bezirksprediger wurde ihr klar, dass sie sich als Diakonische Helferin in Bad Liebenzell bewerben sollte. Und so kam sie 1968 auf den Missionsberg. Von den jungen Missionsschwestern wurde sie herzlich aufgenommen, was sie sehr beeindruckte. „Will Gott, dass ich auch zu ihnen gehöre?“, fragte sie sich. Im intensiven Reden mit Gott bekam sie eine unüberhörbare, eindeutige Antwort. Und so trat sie 1969 in die Schwesternschaft ein. Zahlreiche Hochzeitseinladungen Diesen Schritt hat sie nie bereut, auch weil ihre Arbeit so vielseitig war: Zunächst half sie in der Zentralküche mit, wo sie viel lernen konnte. Danach war sie 20 Jahre als Gemeinschaftsschwester in Ebhausen bei Nagold und im fränkischen Wassertrüdingen tätig. Besonders freute sie sich, die Frohe Botschaft an Kinder weitergeben zu können. Ebenso begleitete sie junge Menschen sehr gerne auf ihrem Weg und stand ihnen bei Lebensfragen zur Seite. Das hatte Folgen: „Als Dank war ich zu vielen Hochzeiten eingeladen“, blickt sie lachend zurück. Ein Schritt, den sie nie bereute „Ich würde den Weg, den Gott mir zeigte, immer wieder gehen. Auch als Liebenzeller Schwester.“ Davon ist Schwester Lydia Kehr überzeugt, die wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges als „waschechte Hessin“ auf die Welt kam. Zupackend und humorvoll, so kennt man die Südhessin Ganz links: Legendär ist Schwester Lydias wunderbare Schwarzwälder Kirschtorte Von 1995 bis 2003 war Schwester Lydia schließlich als Hausmutter der Bibelschule für die Studentinnen zuständig. „Das hätte ich niemals zu träumen gewagt!“ Wichtig war ihr bei der Arbeit, dass Jesus immer unentbehrlicher und die Freude an ihm „mir zur täglichen Stärkung wird“. Ein Liedvers von Peter Strauch wurde ihr zum Herzensanliegen: „Jesus, wir sehen auf dich. Deine Liebe, die will uns verändern, und in uns spiegelt sich deine Herrlichkeit. Jesus, wir sehen auf dich.“ Heute verbringt Schwester Lydia ihren Ruhestand im Feierabendhaus auf dem Missionsberg. Am liebsten geht sie früh mit einem spannenden Buch zu Bett, leidenschaftlich gerne liest sie Biografien und christliche Romane. Sie ist nach wie vor froh, Teil der Schwesternschaft und der Liebenzeller Mission zu sein. Dort hat sich seit ihrem Eintritt viel verändert, aber „es wäre fatal, wenn sie auf dem Stand wie vor 50 Jahren wäre. Veränderungen gehören zum Leben. Ich staune immer wieder über die vielen jungen Leute auf dem Missionsberg. Dass einmal so viele bei uns studieren würden, hätte ich vor 25 Jahren nicht zu träumen gewagt.“ Claudius Schillinger Bei Jubiläumsveranstaltungen verkörpert Schwester Lydia immer wieder Diakonisse Lina Stahl. Diese war maßgeblich daran beteiligt, dass die Missionsgesellschaft in den Schwarzwald umzog. Rechts Dr. Bernd Brandl in der Rolle von Pfr. Heinrich Coerper, Gründer der LM Fotos: S. Annegret Tiessen Foto: Elke WeiSSschuh
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