MISSION weltweit – Ausgaben 2022

7 malaWi darum gehts mission weltweit 3–4/2022 sich zu verteidigen. Und trotzdem geschieht es. 2021 gab es sechs Mordfälle, bei denen spontane Mobs Menschen „beseitigten“. Erhalten vermeintliche Hexen einen Gifttrunk, gilt: Wenn sie das Gift erbrechen, sind sie unschuldig. Sterben sie, wird es als Beweis ihrer Schuld angesehen. 2. ist es gut oder schlecht, wenn junge Mädchen nach den initiationsriten zum Sex aufgefordert werden, um ihre Fruchtbarkeit zu beweisen? Dazu muss man wissen, dass früher etwa zwölfjährige Mädchen in die „Buschschule“ geschickt wurden, wo sie von älteren Frauen über alles unterrichtet wurden, was sie für die Ehe und das Kinderkriegen wissen mussten. Die „Buschschule“ konnte über Monate hinweg dauern; am Ende galten die Mädchen als heiratsfähig. In manchen Stammesgruppen wurden sie dann von Männern bei Nacht aufgesucht, damit sie die Praxis des Verkehrs lernten oder ihre Fruchtbarkeit unter Beweis stellten. Heute antworten die allermeisten, dass diese Bräuche schlecht sind. Allerdings werden nach wie vor viele Mädchen und Jungen in der Pubertät in einen solchen Initiationskurs geschickt. 3. Kann gelogen werden, um sich vor Ansprüchen zu schützen? Oder konkreter: Wenn dein Onkel dein Fahrrad ausleihen möchte: Ist es gut oder schlecht zu antworten: „Ich habe es bei meinem Freund in … gelassen, das ist leider weit weg“ – während das Rad in deinem Haus steht? Auch das hat seinen Hintergrund: Der Onkel ist in manchen Kulturen wichtiger als der eigene Vater. Wenn der Onkel etwas vom Neffen oder der Nichte will, können sich diese nicht verweigern. Wenn die Nichte einen Kugelschreiber hat und der Onkel diesen will, kann die Schülerin möglicherweise in der Schule nicht mitschreiben, solange sie nicht das Geld für einen neuen Stift hat. Wenn der Onkel das Fahrrad leihen will, kann der Neffe nicht zur Schule kommen oder muss etliche Kilometer zu Fuß gehen. Folglich erscheint eine Lüge in vielen Situationen als „nötig“, um sich vor Ansprüchen anderer zu schützen. Daher empfinden viele Malawier, dass eine solche „Notlüge“ nicht wirklich schlecht ist. Andererseits muss man immer bereit sein, anderen etwas zu leihen – sonst gilt man als geizig. 4. ist es gut oder schlecht, wenn ein Häuptling mehrere Frauen heiratet? In der Tradition ist es nicht nur gut, sondern erforderlich – denn „Chiefs“ sind Helden, die aus der Masse herausragen. Sie können mit vielen Frauen viele Kinder haben und so die Familie, ihre Stellung und damit das ganze Dorf stärken. Durch den christlichen Einfluss ist aber die Einehe zum Standard geworden für die meisten Malawier. 5. ist es gut oder schlecht, wenn man Schulden macht? Viele denken, dass man nicht durchs Leben kommt, ohne Schulden zu machen. Das wird nicht als negativ gesehen. Allerdings wird erwartet, dass sie beglichen werden, sobald man dazu in der Lage ist. Da das Leben für viele Malawier ein Kampf ums tägliche Brot ist und oft unerwartete Dinge geschehen, hört man immer wieder von Auseinandersetzungen. Da hat jemand über Monate hinweg seine Schulden nicht beglichen – und dadurch ist der Geldgeber in Schwierigkeiten geraten und konnte nicht länger warten. Was können wir von Radio L tun? l Wir produzieren Sendungen, die den Hörerinnen und Hörern Orientierung geben in einer (auch hier) oft orientierungslosen Umgebung. l Wir machen Sendungen mit der Polizei, in denen darüber geredet wird, dass Selbstjustiz nicht gut ist und die Leute sich an die Gesetze halten sollen. l Wir bringen in unseren Sendungen zur Sprache, was Gott von uns Menschen haben möchte und was er für richtig und gut hält. So versuchen wir unseren Auftrag, Licht in die Dunkelheit zu bringen, zu erfüllen. Wir freuen uns, dass immer wieder Rückmeldungen kommen, dass jemand ermutigt wurde oder Orientierung erfahren hat. Paul Kränzler l Paul und Dorothe Kränzler sind seit März 2016 erneut in Malawi im einsatz, vor allem in der radiomission und gemeindegründung. sie haben zwei erwachsene kinder. paul ist industriekaufmann und hat die ausbildung am theologischen seminar der liebenzeller Mission absolviert. Dorothe ist schreinerin. Von 1988 bis 2006 arbeitete familie kränzler zunächst in der gemeindegründung in liberia und guinea, von 1993 an in verschiedenen aufgaben in Malawi. Von 2006 bis 2015 waren paul und Dorothe in der gemeindearbeit in salzburg/Österreich tätig. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/ kraenzler Ein Mitarbeiter von Radio L auf Sendung foto: paul krÄnZler 1 Dem aachener historiker Werner tschacher zufolge wurden in den vergangenen 60 jahren weltweit mehr Menschen als vermeintliche hexen und hexer getötet als in etwa 350 jahren europäischer hexenverfolgung zusammen. Das katholische hilfswerk missio schreibt, dass heute in 41 staaten Menschen massiv durch hexereiVorwürfe gefährdet seien. Quelle: idea/9. august 2021. 2„Witchcraft on rise in Malawi“, erasmas lloyd M’bwana, herausgeber von „Maravi post“.

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