MISSION weltweit – Ausgaben 2022

5 missiON weltweit 1–2/2022 baNgLadesch darum gehts fotos: miChaelkestner sen, Vergeben und Nicht-nachtragend-sein fiel Michael schwer. Doch Gott hatte diese Umstände zugelassen, und Jesus selbst hat Liebe und Vergebung vorgelebt. Karin Ackermann schreibt in ihrem Buch (es ist leider vergriffen) dazu: „Das Gute und das Schlechte, … alles hat einen Anfang und ein Ende. Jede Erfahrung wird durch eine andere abgelöst, ergänzt oder verdrängt. Die positiven Erlebnisse würden wir dabei oft am liebsten ins Unendliche dehnen und müssen sie doch loslassen. Den Schmerz würden wir oft gern schnell verschwinden lassen, gewöhnlich tut er uns den Gefallen nicht. Dem allem müssen wir uns immer wieder stellen.“ Loslassen – ein thema für Missionarseltern Das Thema Loslassen und die Begleitung aus der Ferne beschäftigten uns schon, als wir unsere Kinder in die Hebron-Schule brachten. Diese englische Internatsschule liegt 2000 Kilometer entfernt in Südindien. Wöchentliche Briefe, wenige Telefonate, aber Besuche in den Ferien prägten 14 Jahre unseres Lebens. Wir beide besuchten die Kinder an Ostern und im Herbst in unserem Urlaub. Wir waren dazu einige Tage im Zug durch Indien unterwegs. Unsere drei Töchter und unser Sohn kamen in den großen Ferien im Sommer und an Weihnachten zu uns nach Bangladesch. Meistens holte Regine die Kinder ab und brachte sie wieder zurück in die Schule. Es war herausfordernd und nicht leicht, sie mit nur sieben, neun oder elf Jahren loszulassen und anderen Menschen und Gott anzuvertrauen – in der Hoffnung, dass es für sie und ihre Zukunft das Beste ist. Obwohl nicht immer alles glatt lief, können wir heute dankbar zurückschauen. Dieses positive Erleben half uns auch, als die Kinder ihren Weg in die Ausbildung oder das Studium gingen, ihre Partner fanden und eine eigene Familie gründeten. Loslassen – um neues zu ergreifen und zu begreifen Loslassen ist auch ein Thema für unsere Kinder und unsere Eltern. Immer wieder galt es, sich der Situation zu stellen, sich auf neue Möglichkeiten einzulassen und zu begreifen, dass diese auch gute Seiten haben. So haben unsere Kinder viel auf uns verzichtet, weil sie in Indien und später in Deutschland oder England lebten. Und unsere eigenenElternmusstenvieleJahreaufunsunddie Enkelkinder verzichten. Nun umsorgen sie umso mehr ihre Urenkel und erfreuen sich an ihnen. Sie erleben mehr mit ihnen als wir Großeltern das aus der Ferne oder im Urlaub tun können. Wir müssen auch dann loslassen und können selbst wenig helfen, wenn Eltern oder Schwiegereltern gesundheitlich abbauen, Krankheitszeiten durchleben, schwierige Wegstrecken vor ihnen liegen oder wenn sie in die Ewigkeit abgerufen werden. Wir haben dies mit Michaels Mutter erlebt, die an Demenz erkrankte und sich von Mal zu Mal weniger erinnern konnte. Die Telefonate wurden einsilbiger und kürzer. Wir mussten erklären, wer wir sind – bis dahin, dass es für sie schwer war, uns beim gelegentlichen Besuch wiederzuerkennen. Loslassen – das ist nie abgeschlossen Das Thema Loslassen wird uns weiter beschäftigen, weil Michael bald vor seinem Ruhestand steht. Wir versuchen, die Arbeit in Bangladesch im Laufe des Jahres 2022 gut abzuschließen und die Stafette weiterzugeben. Wir möchten von Paulus lernen, wie er mit Abschied und Zurücklassen umgegangen ist. Er verabschiedete die Gemeinde in Ephesus und befahl sie der Gnade und Fürsorge Gottes an (Apostelgeschichte 20,36ff). Das wollen wir gerne nächstes Jahr in die Tat umsetzen, uns der Herausforderung des Loslassens stellen und uns auf den Ruhestand freuen und einstellen. Michael und Regine Kestner l Michael und regine Kestner leben seit 1985 in Bangladesch. sie engagieren sich in der gemeindearbeit, der außerschulischen theologischen ausbildung (tee), im kinderdorf in khulna und in der teamleitung. Vor ihrer ausbildung am theologischen seminar der liebenzeller mission war michael Werkzeugmacher und regine erzieherin. sie haben vier erwachsene kinder, die in Deutschland und england leben, und zwei enkelinnen. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/kestner Es war ein besonderer Moment, bei der Trauung die Hand der Tochter und Braut loszulassen und sie dem Bräutigam und Schwiegersohn für die Zukunft anzuvertrauen. Aus Kindern werden Leute – Familie Kestner im Jahr 1997 und beim Familientreffen 2020.

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