MISSION weltweit – Ausgaben 2023

16 darum gehts sPaNIeN Der Mann verabschiedete sich, bevor ich etwas erwidern konnte. Seine Korrektur konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Und so bereitete ich mich vor und ging in der folgenden Woche auf ihn zu. Ich wollte ihm anhand einiger Verse zeigen, dass in der Bibel wörtlich steht: „Gott hasst …“. Doch er ignorierte mich und ging dem Gespräch aus dem Weg. Diese Situation erlebte ich im ersten Jahr im Studium. Sie ließ mich damals irritiert und auch etwas frustriert zurück. Erst später verstand ich, dass dieser Mann keine Lust darauf hatte, in die Bibel zu schauen, weil der Gott, den er dort finden würde, nicht in sein Gottesbild passte: Der heilige Gott, der die Sünde hasst, war für ihn nicht mit dem Gott der Liebe vereinbar. Und der gerechte Gott, der am Ende sogar entscheidet, wer in den Himmel oder in die Hölle kommt, war für ihn unvorstellbar. In den folgenden Jahren merkte ich immer mehr, wie sehr der gerechte Gott, der die Sünde straft, unter Christen polarisiert und für Zündstoff sorgt. Soll man überhaupt einen strafenden Gott predigen? Oder ist es besser, diesen Aspekt im Gottesdienst zu vernachlässigen und sich auf die Liebe Gottes zu den Menschen zu fokussieren? Ist der strafende Gott zu harte Kost für einen Gottesdienst, zu dem alle kommen dürfen? Oder schreckt der strafende Gott gar Menschen davor ab, etwas mit ihm anfangen zu wollen? Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir den strafenden Gott aus den Predigten und Gottesdiensten verbannen, bekommen weniger Menschen Lust auf Gott und ein Leben mit ihm. Ohne den richtenden Gott haben wir in unseren Kirchen und Gemeinden kein Evangelium – und ohne Evangelium irgendwann keine Christen mehr. ist Jesus nicht deshalb ans kreuz gegangen, weil Gott Sünde ahnden muss? Musste Jesus nicht genau deshalb für uns sterben, weil die Konsequenz unserer Sünde der Tod ist? Wenn wir diese Tatsache aus Predigten, Andachten, Bibel- und Jugendkreisen verbannen, wofür benötigen wir dann noch einen Jesus am Kreuz? Die Antwort wäre: für nichts. Wir brauchen den strafenden Gott, damit das Evangelium überhaupt Sinn ergibt. Wir dürfen Gott nicht als einen bösen Gott verkündigen, der nur darauf wartet, jede Sünde zu ahnden. Nein, sondern als einen Gott, wie wir ihn in der Bibel finden: Einen strafenden Gott, dessen Herz daran zerbricht, dass er Menschen bestrafen muss. Einen strafenden Gott, der so voller Liebe ist, dass er seinen Sohn für uns opfert. Und einen strafenden Gott, vor dem wir keine Angst zu haben brauchen, weil die Strafe schon bezahlt ist. Das ist die Botschaft, die ich so gerne predige und die ich nicht verschweigen will. Und diese Botschaft ist es auch, die Simone und mich motiviert, das in Spanien weiterzusagen. Weil viele Spanier diesen Gott nicht kennen. Jakob Kress l Jakob und Simone kress sind seit november 2020 (simone) und september 2022 (Jakob) missionare in spanien. seit august 2023 unterstützen sie eine gemeindegründung in almazora. beide haben an der interkulturellen theologischen akademie in bad Liebenzell studiert. erste berufserfahrungen sammelte Jakob als Kinder- und Jugendpastor im evangelischen gemeinschaftsverband rhein-main, simone als Jugendreferentin im Liebenzeller gemeinschaftsverband. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/ kress-jakob-simone „vielen dank für Ihre andacht. aber sie liegen falsch: gott kann nicht hassen, denn gott ist liebe!“, sagte mir ein älterer mann nach meiner andacht. In dieser war es darum gegangen, dass gott den sünder liebt, aber die sünde hasst. Kruzifix in einer katholischen Kirche Predigen wir nur den liebenden gott? foto: reinhoLd frasch

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