8 darum gehts sambia Jemand hatte in einer Weise reagiert, die mich sehr verletzte. In der folgenden Nacht schlief ich wenig, ich vergoss Tränen und klagte die Person und Gott an. Der Tag war ohnehin schwierig gewesen. Es hatte Missverständnisse gegeben. Und dann am Abend diese Nachricht auf WhatsApp, die mich völlig aus der Bahn warf! Es war der erste Eintrag in meinem Tagebuch, in dem ich meine Wut auf die Person, aber vor allem auch auf Gott, so deutlich aufgeschrieben habe. Wie kann der andere sich so verhalten? Was habe ich falsch gemacht? Wie gehe ich in Zukunft mit dieser Person um? Und: Warum hat Gott das zugelassen? es hilft nicht, an Groll und Verletzung festzuhalten In der Nacht und auch am Tag danach ist kein rationaler Umgang mit der Situation möglich. Aber nach ein paar Tagen beruhigen sich meine Emotionen. Ich beginne, das Ganze noch einmal zu reflektieren. Verletzt bin ich weiterhin, und irgendwie tut es meiner Seele weh, dass ich so behandelt worden bin. Einfach abschütteln und weitergehen funktioniert nicht. Aber ich weiß, dass ich mit der betreffenden Person jetzt nicht reden kann, weil das Gespräch schon früher nicht zugelassen worden ist. Und ich will meine eigene Reaktion auf das Geschehen nicht von dem abhängig machen, wie andere mit der Situation umgehen. An einem der nächsten Tage treffe ich mich mit den Mitarbeitern der Universität zu unserer regelmäßigen Gebetszeit. Jemand betet dafür, dass wir als Team Einigkeit leben können und „viel Vergebung“ füreinander haben. Durch dieses Gebet wird mir deutlich, dass ich mich mit dem Thema Vergebung auseinandersetzen muss. Ja, ich bin verletzt – und das nicht zum ersten Mal. Aber an diesem Groll und der Verletzung festzuhalten, hilft auch nicht. wie schwer ist das! Seit einigen Jahren unterrichte ich einen Kurs zum Thema Konfliktmanagement. Meistens fragt irgendwann ein Student, wie man damit umgehen kann, wenn jemand nicht bereit ist, einen Konflikt zu lösen. Oder wie man doch noch eine gute Lösung findet, wenn eigentlich schon „zu viel passiert“ ist. Wir kommen dann immer auf Vergebung zu sprechen und stellen fest, wie schwer das ist, bei erlittenen Verletzungen wirklich zu vergeben. Margit Schwemmle ist seit 2014 dozentin an der „evangelical university“ (eu) in ndola und begleitet junge sambier in ihrer theologischen ausbildung als mentorin. im juni 2016 hat sie zusätzlich die studienleitung übernommen. aktuell überbrückt sie die vakanz in der leitung der eu. die frühere Finanzbeamtin hat die bibelschule brake absolviert und war danach mit der liebenzeller mission in malawi und in der pioniermission in sambia im einsatz. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/ schwemmle immer wieder versuche ich, begegnungen, ereignisse und gedanken in meinem tagebuch festzuhalten. das hilft mir beim reflektieren und Verarbeiten. Vor etwa vier Wochen habe ich eine erfahrung notiert, die mir jetzt beim nochmaligen lesen immer noch wehtut und von der ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. raus aus dem gefängnis! Foto: sabine schuckert Margit Schwemmle unterrichtet aktuell zwei Kurse
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