MISSION weltweit – Ausgaben 2023

14 darum gehts deutschland Solange wir Menschen auf der Erde leben, werden wir einander mit Worten, Gedanken und Taten verletzen. Wie gehe ich damit um, wenn ich betroffen bin oder wenn ich anderen wehtue? Seit Herbst 2022 lebt unser Team in Weißensee (39.000 Einwohner) im Osten von Berlin. Wir laden oft Gäste zu Festen ein und engagieren uns in Vereinen, um Kontakte zu knüpfen. Wir erkunden den Stadtteil und üben uns im StammgastPrinzip: Wir besuchen zum Beispiel immer denselben Lebensmittelmarkt, die gleiche Postfiliale oder Dönerbude. Zunächst geht es darum, die Kultur, die Menschen und auch uns im Team kennenzulernen. Einmal pro Woche treffen wir uns. Wir starten mit einem gemeinsamen Abendessen, anschließend beten und planen wir die nächsten Schritte. Unsere regeln Um ein gutes Miteinander zu pflegen, entwickel ten wir Regeln – weil wir wissen, dass wir im Laufe der Gründung immer wieder Situationen haben werden, in denen wir einander nerven, verletzen und Vergebung von Gott und von anderen benötigen. So lautet eine Regel: „wir möchten konflikte ansprechen“. Die verletzte Person soll den ersten Schritt machen und persönlich auf das andere Teammitglied zugehen. Wir sprechen Vergebung aus, auch wenn es zunächst eine Entscheidung ist und das Herz hinterherkommen muss. Es ist herausfordernd, so zu leben, und einfacher, abzuwarten. Ich erwische mich manchmal bei dem Gedanken: „X oder Y müsste doch gemerkt haben, wie sehr sie/er mich verletzt hat.“ Nein, es ist meine Aufgabe, es aktiv anzugehen. Je nach Prägung fällt es uns leicht oder schwer, etwas anzusprechen, das zwischen uns steht. Eine weitere Regel lautet: „wir wollen miteinander statt übereinander reden und besonders darauf achten, dass nicht schlecht über ein anderes teammitglied geredet wird.“ Diese Regel ließ sich leicht aufstellen, schnell herrschte Einigkeit im Team. Aber ich behaupte: Sie ist am schwersten in die Tat umzusetzen. Seit einigen Wochen feiern wir zusammen Abendmahl und erinnern uns daran, dass Jesus für unsere Schuld gekreuzigt wurde. Wir feiern die von Jesus zugesprochene Vergebung der Sünde. Denn: „Es gibt etwas, was eine christliche Gemeinschaft anderen Gemeinschaften voraushat, und das ist bedingungslose Vergebung. Sie ist der Grundstein christlicher Gemeinschaft.“1 Auch wenn wir als Team nicht so lange gemeinsam unterwegs sein werden: Wie meine Großeltern wollen wir lernen, Vergebung zu leben. Jana Kontermann l Jana kontermann gehört zum team berlin und liebt es, im stark säkular geprägten kontext gemeinde zu bauen und in die junge generation zu investieren. das geschieht nun in einer neugründung in weißensee im osten der stadt. nach ihrer ausbildung zur jugend- und heimerzieherin studierte jana an der internationalen hochschule liebenzell (ihl) „theologie und soziale arbeit im interkulturellen kontext“. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/kontermann meine großeltern waren 72 schöne und herausfordernde Jahre verheiratet, als meine oma mit 95 Jahren starb. die Frage nach dem „geheimrezept“ ihrer ehe beantwortete mein opa nach einer kurzen denkpause mit nur einem Wort: „Vergebung“. Zum weiterdenken: l Wie schwer fällt es dir, anderen zu vergeben? und dir selbst? notiere es auf einer skala von 1 (super leicht) bis 10 (extrem schwierig). l Wer ist in deinem umfeld ein gutes Vorbild im Vergeben – und was zeichnet diese person aus? l Was hindert dich, den ersten schritt zu gehen, wenn du verletzt bist? l Welche guten Vergebungsregeln hast du in der Familie oder am arbeitsplatz? im team vergebung leben 1 magnus malm: gott braucht keine helden, 2020, s.138. Zum Team in der Gemeindegründung gehören (von links) Rouven*, Silas **, Yael*, Lena**, Avery* und (vorne Mitte) Jana*** * ehrenamtlich ** Minijob *** Teildeputat Foto: kira hirsch

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