MISSION weltweit – Ausgaben 2024

9 ZUM THEMA MITTLERER OSTEN MISSION weltweit 4/2024 In der arabischen Kultur hat die Familie einen hohen Stellenwert. Bis vor einigen Jahrzehnten war die Scheidungsrate gering. Natürlich sind äußerlich stabile Ehen nicht unbedingt krisenfester, besonders wenn ein Ungleichgewicht in der Ehe herrscht wie im Fall der islamischen Polygamie. Die Zweitfrau: kein Ausweg Fatima lernte Ali* am Arbeitsplatz kennen. Sie verstanden sich gut als Kollegen und langsam wuchsen tiefere Gefühle. Ali bekannte ihr seine Liebe. Aber er hatte in seinem Heimatland schon eine Frau und zwei Kinder. Zuerst brach Fatima deshalb allen privaten Kontakt ab. Aber als Ali sie weiter hartnäckig umwarb und erklärte, seine erste Ehe wäre arrangiert, er liebe seine Frau nicht, er wäre viel zu jung gewesen …, gab sie schließlich nach und wurde seine Zweitfrau. Ali erwies sich als freundlicher, zärtlicher Ehemann. Einmal im Jahr reiste er zu seiner ersten Familie. Doch in Fatima wuchs Eifersucht und Verzweiflung, obwohl sie glaubte, dass es Allahs Wille war, dass Ali mehrere Frauen hatte. Inzwischen hat sie selbst Kinder, die ihren Vater brauchen. Fatima will, dass Ali sich von seiner ersten Frau scheidet, aber er will das nicht. Ihre Ehe ist voller Trauer, voller Ausweglosigkeit. Die Mutter: für immer Nummer 1 Eine heikle arabische Frage: „Stell dir vor, du stehst vor einem brennenden Haus, in dem deine Mutter, deine Frau und dein Kind sind. Du kannst nur eine Person in Sicherheit bringen. Wen rettest du?“ Wir haben gelernt, dass die kulturell „richtige“ Antwort ist: meine Mutter. Denn man kann eine neue Frau heiraten und weitere Kinder bekommen – aber die Mutter ist unersetzbar. Amir und Nura* sind seit zehn Jahren verheiratet. Auf dem Weg zur Trauung saß Nura im Auto mit ihrer Schwiegermutter, als diese sich zur Braut umdrehte und sagte: „Nur damit du es weißt: Ich werde immer die erste Frau in Amirs Leben sein!“ Sie machte Nura das Leben schwer mit ständiger Kritik. Jeder Konflikt wurde von ihr geschürt. Wenn Nura mit Amir darüber reden wollte, tat er es mit einem Lachen ab: „Meine Mutter liebt mich eben.“ Seit einem Jahr ist Amirs Mutter ein schwerer Pflegefall. Nura und Amir versuchten, bei ihr zu wohnen. Weil sie aber zu Kritik und Streit immer Oft öffnen sich Türen für tiefere Gespräche, wenn wir unseren Freunden und Bekannten erzählen, dass wir an unserem Ehetraum scheitern, ebenso wie sie. SYMBOLBILD: ISTOCKPHOTO/SERTS noch fähig ist, hielt es Nura nicht mehr aus. Am Morgen kommt jetzt eine Hilfskraft, und Amir geht am Abend von der Arbeit zu seiner Mutter. Oft schläft er dort. Wenn er nach Hause kommt, ist er am Ende und innerlich abwesend. Jede Kleinigkeit führt zu Streit. Nura fühlt sich verlassen und ist zornig, dass Amirs erste Loyalität seiner Mutter gilt. Im Streit sagte sie: „Es wäre besser für alle, wenn deine Mutter bald sterben würde.“ Amir kann ihr das nicht vergeben. Ehekrisen: Wenn wir ehrlich sind Warum lässt Gott für uns die Ehe manchmal so schwer sein? Vielleicht ertappen wir uns bei dem Gedanken: Bei denen, die nicht zu Jesus gehören, ist das klar. Aber sollten nicht wenigstens Gottes Kinder schon hier ein „happy ever after“ (glücklich bis ans Lebensende) haben, nach dem Motto: totales Einssein zur Ehre Gottes (Johannes 17)? Uns beschäftigt gerade, wie universal das Thema Ehekrise ist und wie es uns mit anderen, die Jesus nicht kennen, verbindet. Oft öffnen sich Türen für tiefere Gespräche, wenn wir unseren Freunden und Bekannten erzählen, dass wir an unserem Ehetraum scheitern, ebenso wie sie. Manchmal können wir dann bezeugen, dass das, was uns Hoffnung gibt, Gott ist – nicht unser Ehepartner und nicht wir selbst. Gott wird uns irgendwie durch die Krise bringen, gerade wenn wir keinen Ausweg sehen. Zurück nach Albalad oder nicht? Alles Diskutieren brachte uns nicht weiter, wir standen auf zwei verschiedenen Seiten. Damals erfuhren wir Gottes Freundlichkeit, indem er durch einen Bibelvers plötzlich neuen Frieden schenkte und wir vereint zurückkehren konnten. Allerdings verschärfte sich die Krise in den nächsten Monaten, und am Ende waren wir wieder am selben Punkt: ER konnte dort nicht weitermachen, SIE wollte unbedingt bleiben. Aber wir waren doch nicht am gleichen Punkt: Gott hatte in uns gearbeitet, und wir waren ruhiger im Konflikt um die Entscheidung. Gott fordert uns heraus, ihm zu vertrauen, dass er immer noch richtig leitet, selbst wenn wir eine „falsche“ Entscheidung treffen und die Krise das Aus für unseren Lebenstraum bedeutet. Die Autoren mussten ihr Einsatzland in einer Krisenregion verlassen und machen derzeit in einem anderen muslimischen Land eine Weiterbildung.

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