MISSION weltweit 1/2024 JAPAN 15 ZUM THEMA FOTO: HERRMANN STAMM Wo ich bin? In einem Supermarkt. In einem normalen Supermarkt in Deutschland. Vielleicht schmunzelst du. Aber ich stehe das erste Mal allein in einem deutschen Discounter. Nachdem ich das Produkt nicht gefunden habe, das ich einkaufen wollte, möchte ich einfach wieder gehen. Aber wie stelle ich das an? Sowohl der Eingang als auch der Ausgang sind mit Schranken verschlossen … Inzwischen kann ich darüber lachen, weil ich mittlerweile weiß, dass ich einfach an der Kasse hätte vorbeigehen können. Aber damals hatte ich nicht den Mut, jemanden um Hilfe zu bitten. Denn von außen betrachtet sehe ich aus wie eine blonde „ganz normale“ Deutsche. Nur dass ich mich im Herzen überhaupt nicht so fühle. Dass die Welt in Deutschland anders sein würde, das wusste ich. Trotzdem hatte mich dieses Gefühl der Hilflosigkeit wieder eiskalt erwischt. 20 Jahre lang war Japan mein Zuhause gewesen. Dort wusste ich, wie das Leben läuft. Doch über Nacht wurde Japan zum Gastland, und Deutschland sollte mein neues Zuhause werden. Daran gewöhne ich mich nicht Das zu akzeptieren, fiel mir anfangs nicht leicht, obwohl ich im Leben schon öfter umgezogen bin, als ich an beiden Händen abzählen kann. Auch während meiner Schulzeit musste ich mich jede Woche von meinen Eltern verabschieden und wieder ins Internat zurückkehren. Ich glaube mittlerweile, dass man sich an Abschiede nicht gewöhnen kann, egal wie viele große und kleine man schon hinter sich hat. Es tut immer weh, sein Zuhause, seine Familie und Freunde zurückzulassen. Es braucht Zeit für die Trauer und Zeit zum Ankommen. Und es erfordert viel Mut, diese bei anderen einzufordern und sich auch selbst zuzugestehen. Mir hat es geholfen, mein Zimmer zu einem Wohlfühlort zu machen. Nach vorn zu sehen und das neue Leben neugierig kennenzulernen. Nicht alles zu vergleichen, sondern das Schöne in jedem Land bewusst wahrzunehmen. Inzwischen ist es für mich ein Schatz, so viele Orte mein Zuhause nennen zu dürfen. Dankbar bin ich, eine herzliche (Schwieger-)Familie, Ehemann und Freunde zu haben, die mich auf diesem Weg begleiten. Aber am allermeisten bin ich Jesus dankbar, der sich nie verändert hat. Bei ihm darf und will ich immer bleiben. Kleiner Nachtrag: Ich habe damals einfach eine Packung Brötchen gekauft und bin so dem Supermarkt „entkommen“. Jael Stamm Herrmann und Jael Stamm haben an der Internationalen Hochschule Liebenzell studiert und erste Berufserfahrungen als Jugendpastor beziehungsweise Sozialarbeiterin gesammelt. Seit Mai 2022 verstärken sie das Missionarsteam in Japan. Sie haben zwei Kinder. Neben dem Sprachstudium unternimmt Herrmann erste Schritte, um Menschen in Japan über Medien auf Jesus Christus hinzuweisen. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/ stamm-herrmann-jael So langsam bin ich wirklich verzweifelt. Wie komme ich bloß aus dieser Situation heraus? Ich kämpfe gegen die Tränen und suche krampfhaft nach einer guten Lösung. Hilflos in der neuen Welt Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. PSALM 23,6
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