MISSION weltweit – Ausgaben 2024

ZUM THEMA 12 MITTLERER OSTEN SYMBOLBILD: ISTOCKPHOTO.COM/MRKAHN „Leider musste ich mein Einsatzland erneut verlassen und bin seit zwei Wochen wieder in Deutschland. Mein Herz ist immer noch schwer.“ Solche Rundbriefe schreibt man nicht gerne, aber ich musste meine Freunde informieren und um Gebet für meine künftige Platzanweisung bitten. – Was war „meine Mission“ gewesen, und was hatte ich in den Monaten vor der überstürzten Heimreise erlebt? Ich wohnte bei einer einheimischen Christin, die mich herzlich aufnahm. Sie musste in ihrem Leben schon viel erleiden. Drei Familienmitglieder wurden ermordet. Dennoch engagierte sie sich mit viel Energie in der Kirche. Sie leitete eine Frauengruppe, lud andere dazu ein und las mit ihnen in Gottes Wort. Sie investierte sich sehr in eine Muslima, die sich zunächst bekehrte, ihr dann aber den Rücken zuwandte und ins Ausland ging. Das brach meiner Gastgeberin das Herz und verstärkte die posttraumatische Belastungsstörung, die sie ohnehin hat. Sie schläft schlecht, leidet unter Schwindel und depressiven Phasen. Vielen Menschen in meinem Einsatzland geht es ähnlich. Es ist schwierig, jemanden zu finden, der davon nicht betroffen ist und einen mittragen kann. Immerhin fünf Wochen konnte ich für meine Gastgeberin da sein. Meine eigentliche Aufgabe hatte ich an einer Schule. Ich konnte nur wenig über den Glauben sprechen, das ließ die Sicherheitslage nicht zu. Doch das Schöne war, dass die, die mich beobachteten, über meine Liebe und Leidenschaft für jedes einzelne Kind staunten und mir Fragen zu meinem Glauben stellten. In der Kultur sind Gewalt, Lüge, traumatische Erlebnisse und mangelnder Schutz real. Immer besser konnte ich die gewalttätigen Reaktionen der Kinder als logische Konsequenz und einzig gelernte Überlebensstrategie einordnen. Als ich die Not der einzelnen deutlicher erkannte, konnte ich mich auch um den schwierigsten Jungen kümmern. Ich sollte den 9-Jährigen wegen einer Schlägerei zur Verantwortung ziehen. Er saß vor mir und starrte mich an, log wie gedruckt und blickte mir unentwegt in die Augen. Doch unabhängig von seinem Tun ist er ein von Gott geliebter Junge, der Liebe, Schutz und ein Vorbild braucht, wie er sich auch ohne Gewalt verteidigen und behaupten kann. Als ich begann, mich für ihn zu interessieren, wurde eine ganz andere Seite von ihm sichtbar. Stück um Stück wuchs sein Vertrauen. Ich staunte, wie Gott an seinem Herzen am Werk war – genauso wie an meinem. Eine Person kann den Unterschied machen Ein britischer Kollege mit deutsch-jüdischen Wurzeln, der sich als Agnostiker bezeichnet, meinte bei meinem Abschied: „Ich bin richtig inspiriert, dass eine einzige Person mit so viel positiver Energie einen so großen Unterschied machen kann an einem hoffnungslosen Ort wie diesem.“ Seine Leidenschaft, als Jude unter Muslimen zu arbeiten, hat mich beeindruckt. Aber ihm fehlt die Erfahrung der tiefen, bedingungslosen Liebe Gottes. Mein Gebet ist, dass er Jesus begegnet. Es war schwierig, die Schüler zurückzulassen. Aber ich erlebte Gottes ganz persönliche Fürsorge und konnte belastende Erfahrungen verarbeiten. In diesen Tagen kann ich in „mein Land“ zurückkehren. Ich bin gespannt, wie Jesus mich in der neuen Aufgabe gebrauchen möchte. Die Autorin ist Lehrerin und arbeitet im Mittleren Osten. Höhen und Tiefen

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